Viel heiße Luft und Heißluft-Ballonfahrten

Wir möchten auf keinen Fall die Aufgaben und die Funktion eines ehrenamtlich tätigen Ortsbürgermeisters und der Beigeordneten abwerten, aber wenn in der Kommunalpresse permanent behauptet wird, dass durch diese beiden Organe „die Geschicke der Gemeinde bestimmt“ werden und dafür gesorgt wird , „dass es vorangeht„, dann sind diese Behauptungen einfach irreführend und spiegeln nicht die wahren Entscheidungs- und Verantwortungsverhältnisse wider. Da ist viel heiße Luft im Spiel.

Der Bürgermeister einer Ortsgemeinde ist eigentlich „nur“ ein auf Zeit gewählter, ehrenamtlich tätiger Verwaltungsbeamter, der

  1. die laufenden Verwaltungsaufgaben einer Ortsgemeinde wahrnimmt,
  2. Gemeinderats- und Ausschusssitzungen vorbereit und leitet, ohne Vorgesetzter der Rats- und Ausschussmitglieder zu sein,
  3. Beschlüsse des Gemeinderats umzusetzen hat und
  4. die der Gemeinde übertragenen staatlichen Aufgaben ausführt.

Dass viele dieser Aufgaben überwiegend in der Verwaltung der Verbandsgemeinde angesiedelt sind und dort von den hauptamtlich tätigen Fachkräften wahrgenommen werden, sei hier nur am Rande erwähnt.

Die Ausübung des Amtes eines Ortsbürgermeisters ist sicherlich eine ehrenvolle Tätigkeit, aber mit der „Bestimmung der Geschicke der Gemeinde“ oder der Zielsetzung, „dass es vorangeht„, hat diese Aufgabe rein gar nichts zu tun. Denn für das Wohl der Gemeinde, was auch immer darunter zu verstehen ist, ist erst einmal der Gemeinderat verantwortlich. Wer immer auch zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger etwas Wichtiges für die Gemeinde vorschlagen und realisieren möchte, kommt um den Gemeinderat nicht herum. Ob es Anträge von Ratsmitgliedern, Anträge der Verwaltung oder von Bürgerinnen und Bürgern sind, es obliegt allein dem Gemeinderat, darüber zu beraten und zu entscheiden. Denn laut der Gemeindeodnung legt der Gemeinderat

  • die Grundsätze für die Verwaltung fest,
  • beschließt über alle Selbstverantwortungsaufgaben und
  • überwacht die Durchführung seiner Beschlüsse.

Unterstützt wird er dabei durch von ihm gebildete Ausschüsse für einzelne Fachbereiche, in denen die Beratung und die Beschlüsse des Gemeinderates vorbereitet werden. Die Ausschüsse selbst dürfen in Rheinland-Pfalz keine Beschlüsse fassen. Das ist wiederum ausschließlich dem Gemeinderat vorbehalten.

Egomanisch veranlagte und zu übertriebener Selbstdarstellung neigende Ortsbürgermeister versuchen immer wieder, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken und die Bedeutung des Amtes und die Wichtigkeit ihrer Funktion überzubewerten. Auch dass Sie beim Abschied aus dem Amt immer wieder über den grünen Klee gelobt werden und ihre Amtsführung verklärt wird, ist nicht gerechtfertigt. Da ist viel heiße Luft im Spiel. Lassen Sie sich dadurch nicht verwirren, sondern seien Sie sich bewusst, dass für Ihre Vorschläge, Anliegen, Sorgen und Nöte allein der Gemeinderat zuständig ist und darüber zu entscheiden hat. Natürlich kann man sich dabei auch an der Ortsbürgermeister wenden, der jedoch ist verpflichtet, den Gemeinderat betreffende Angelegenheiten weiterzuleiten und darüber den Rat beraten und beschließen zu lassen.

Die Bedeutung und Verantwortung dieser beiden Gemeindeorgane drückt sich leider nicht in der Höhe der Aufwandsentschädigungen aus. Obwohl Ortsbürgermeister, Beigeordnete und auch Ratsmitglieder ehrenamtlich tätig sind und nicht entlohnt werden dürfen, erhält der Ortsbürgermeister von Stadecken-Elsheim gemäß der KomAEVO eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1.828,20 €, der Beigeordnete mit eigenem Geschäftsbereich monatlich 365,64 €, dagegen das einzelne Ratsmitglied jährlich läppische 80,00 €. Dieser Betrag steht in keinem gesunden Verhältnis zum Aufwand und zu der Verantwortung in diesem Amt. Deshalb sollte schnellstmöglich eine Anpassung in der Hauptsatzung erfolgen, durch die die Diskrepanz zur Aufwandsentschädigung des Ortsbürgermeisters und der Beigeordneten mit eigenem Geschäftsbereich gemindert wird.

Überbewertet werden auch oft die Aufgaben und der Einfluss der Beigeordneten, die vom Gemeinderat gewählt werden. Die Beigeordneten unterstützen den Bürgermeister in mehr oder weniger untergeordneten Verwaltungsangelegenheiten und vertreten ihn, wenn dieser verhindert sein sollte. An den Gemeinderats- und Ausschusssitzungen können Sie beratend teilnehmen, haben jedoch, wenn Sie nicht gleichzeitig gewähltes Ratsmitglied sind, kein Stimmrecht. Es ist deshalb angesichts dieser untergeordneten Bedeutung immer wieder erstaunlich, wie Beigeordnete in den Gemeinderatssitzungen demonstrativ neben dem Ortsbürgermeister Platz nehmen, damit ihre Teilnahme als beratendes Verwaltungsorgan bekunden und dabei ihre eigentliche Aufgaben und Pflichten als gewähltes Ratsmitglied vernachlässigen.

Wenn Beigeordneten ein eigener Geschäftsbereich übertragen wurde, sind Sie nicht nur im Verhinderungsfall Stellvertreter des Ortbürgermeisters, sondern auch sein permanenter Vertreter. Über Angelegenheiten eines übertragenen Geschäftsbereichs darf jedoch auch nicht der Beigeordnete, sondern nur der Gemeinderat beschließen.

Und damit zurück zur aktuellen Verwaltungsarbeit und zur gestrigen, konstituierenden Gemeinderatssitzung: Angesichts des oben beschrieben Sachverhalts, werden Sie uns sicherlich zustimmen, dass, wie berichtet, zum Ende seiner Amtszeit nicht nur der scheidende Ortsbürgermeister, sondern auch die ausgeschiedenen Ratsmitglieder mit einer Heißluft-Ballonfahrt hätten bedacht werden sollen. Denn so viel heiße Luft sollte schon sein.

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