„Es ist kein Amt so klein, es trägt was in die Küchen ein.

So sagt der Volksmund, aber auch der Volksmund hat nicht immer Recht. Ganz im Gegenteil: Durch solche zwar populären, jedoch auch pauschalierenden und verallgemeinernden Weisheiten ist manchem Menschen schon Unrecht geschehen und viel Schaden angerichtet worden.

Bei der Zusammensetzung des Gemeinderates ist und jetzt wieder einmal aufgefallen, dass sich die Winzerinnen und Winzer der Ortgemeinde im Vergleich zu anderen Berufsgruppen besonders stark für das Gemeinwohl engagieren und weit mehr als andere die „Geschicke der Gemeinde“ mitbestimmen möchten. Das ist erst einmal lobenswert und kein Grund für eine Unterstellung.

Bemerkenswert ist, dass allein in der CDU-Fraktion von 9 Ratsmitgliedern 5 Mitglieder dem Berufsstand der Winzerinnen und Winzer angehören. Das sind  56 % der Fraktionsmitglieder und mit Jürgen Klonek von der FDP beinahe 1/3 des Gemeinderates. Und wenn man jetzt, zugegebener Maßen etwas gewollt, einmal die Möglichkeit nicht ausschließt, dass in der neunköpfigen CDU-Fraktion 3 Nicht-Winzerinnen oder Nicht-Winzer ihr Mandat vor Ablauf der 5-jährigen Wahlperiode und aus nachvollziehbaren Gründen beenden müssten, so würden gemäß der aktuellen Nachfolgeliste sofort 3 weitere Winzerinnen und Winzer in die CDU-Fraktion nachrücken. Bis auf Wolfgang Ruf bestände die gesamte CDU-Fraktion nur noch aus Winzerinnen und Winzer.

Wir halten die CDU-Fraktion keinesfalls für von der Weinwirtschaft „unterwandert“, aber das regt doch zum Nachdenken an. Und warum unsere Winzerinnen und Winzer beinahe ausschließlich in der CDU-Fraktion ihre politische Heimat sehen, ist auch nicht so richtig erklärbar. Aber lassen wir das, auch wenn sich verblüffenderweise auch sonst noch viele selbständig Tätige im Gemeinderat ehrenamtlich für das Gemeinwohl einsetzen. In der CDU-Fraktion findet man nur noch selbständig Tätige und mit den beiden Herren der Splitterparteien ist der gesamte Gemeimderat zu über 56 % mit dieser Berufsgruppe besetzt. Nur in der SPD-Fraktion findet man noch Ratsmitglieder mit „normalen“ Berufen.

Falls Sie sich jetzt fragen, warum wir so ausführlich auf dieses Thema eingehen und welche böse Absicht damit verbunden sein könnte, dann gibt es darauf eine ganz einfache Antwort: Es gibt sowohl renommierte Sozial- und Politikwissenschaftler als auch Politiker, die darauf hinweisen, das es für das Funktionieren einer repräsentativen Demokratie notwendig ist, dass sich in den demokratische gewählten Organen und Institutionen annähernd die Struktur und das demografische Abbild einer Gesellschaft widerspiegeln muss. Besonders bei den Berufsgruppen. Sollte hinsichtlich dieser Forderung eine Disparität bestehen und eine Gruppen überproportional vertreten sein, so bestände die Gefahr, dass sich diese Gruppe nicht mehr am Wohl der Allgemeinheit orientiert, sondern versucht, Gruppen- bzw. Sonderinteressen durchzusetzen. Wir meinen, dass diese Gefahr ja nicht so leicht von der Hand zu weisen ist.

Wir betonen ausdrücklich, dass von den Fachleuten nur angemerkt wird, dass diese Gefahr besteht. Das heißt noch lange nicht, dass es auch so sein muss. Denn wir gehen davon aus, dass sich in im Gemeinderat „unserer lebens- und liebenswerten Gemeinde“ jedes Ratsmitglied, auch die uns vertretenden Winzerinnen, Winzer und selbständig Tätigen, ausschließlich für das Wohl der Allgemeinheit und nicht für die Interessen ihres Berufsstandes einsetzen. Und das ist doch ein sehr gutes Gefühl.

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2 Gedanken zu „„Es ist kein Amt so klein, es trägt was in die Küchen ein.„“

  1. Hallo Herr Schuler,

    danke für Ihren Kommentar und dafür, dass Sie das „wissenschaftliche“ Problem nochmals anhand des Bundestages aufgezeichnet haben. Es gilt übrigens auch für andere Ortsgemeinderäte, in denen ähnliche Disparitäten bestehen. Allerdings widerlegen die Verhältnisse in der Praxis nicht die von den Wissenschaftlern beschriebene Gefahr.

    Wir wollten eigentlich nicht weiter darauf eingehen, aber wenn Sie es schon ansprechen, dann sind andere Berufsgruppen mit Sicherheit nicht deshalb unterrepräsentiert, weil sie von einer „allgemeinen“ Politikverdrossenheit betroffen wären. Das würde sich ja dann auch auf das Engagement der selbständig Tätigen auswirken. Auch Ihre Annahme, dass den unterrepräsentierten Berufsgruppen die Zeit fehlen würde, kann nicht stimmen. Statistische Erhebungen beweisen, dass der Arbeitszeitaufwand von selbständig Tätigen und Freiberuflern den Aufwand von nicht-selbständig Tätigen weit übersteigt. Das wird auch von der Berufsgruppe immer wieder betont.

    Vielleicht kommt man dem Problem näher, wenn man im Umkehrschluss einmal fragt, warum die selbständig Tätigen und Freiberufler in den Gemeinderäten überrepräsentiert sind? Darauf gibt es sicherlich nicht nur eine, aber eine dennoch überzeugende und kaum zu widerlegende Antwort:
    Mehr als 80% der öffentlichen Angelegenheiten, Finanzausgaben und der Gemeinderatsbeschlüsse in unserer „lebens- und liebenswerten Ortsgemeinde“ tangieren direkt oder indirekt das Berufsumfeld und die potentiellen Erwerbs- und Einkommensmöglichkeiten der hier lebenden selbständig Tätigen. Allerdings leiten wir daraus keine Motive oder Vermutungen für Entscheidungsgründe im Gemeinderat ab.

  2. Da zeigt sich doch mal wieder, dass die von Wissenschaftlern propagierten Theorien nur selten etwas mit der Wirklichkeit zu tun haben. Als Beispiel sei hier nur kurz auf die aktuelle Zusammensetzung des Deutschen Bundestages hingewiesen. 24% der Abgeordneten sind Beamte oder Angestellte im Öffentlichen Dienst. Diese stellen aber nur eine Anteil von 11% an den Erwerbstätigen in Deutschland. Noch stärker ist das Missverhältnis bei Notaren und Rechtsanwälten. 12,6% Anteil der Abgeordneten gegenüber nicht mal 1% Anteil an den Erwerbstätigen. Soviel zum Thema Theorie und Praxis.
    Die Frage, die man sich stellen muss ist doch, warum andere Berufsgruppen so unterrepräsentiert sind. Hier mag es sicherlich verschiedene Gründe geben, die von allgemeiner Politikverdrossenheit bis zur fehlenden Zeit, sich politisch vernünftig zu engagieren, reichen.
    Insofern ist es doch entscheidend, dass die nun gewählten Gemeinderatsmitglieder eine vernünftige Politik im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger machen. Lassen wir doch den neuen Gemeinderat erstmal seine Arbeit aufnehmen, bevor wir mit vorschnellen Mutmaßungen „um die Ecke kommen“.

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