Die Wanderheuschrecken sind wieder unterwegs.

Als die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier vor 2 Jahren die Kommunen darauf hingewiesen hat, die Empfehlungen und Angebote von Architekten- und Planungsbüros zur Ausweisung von Sanierungsgebieten sorgfältig und auf Notwendigkeit hin zu prüfen, haben wir die Vorgehensweise einiger dieser Büros mit dem Verhalten von Wanderheuschrecken verglichen, die irgendwo einfallen und alles kahl fressen.

Offensichtlich war es damals das Ziel einiger Architekten- und Planungsbüros, die Verwaltungen von städtebaulichen Missständen in Gemeindebereichen zu überzeugen und sich anschließend bei der Sanierung als sogenannte „Sanierungsträger“ eine goldene Nase zu verdienen und horrende Honorare einzustreichen. Jetzt sieht es so aus, also ob die Kommunen wieder von dieser Plage heimgesucht werden, denn seit Wochen wird in der Gemeindeverwaltung unsere liebens- und lebenswerten Ortsgemeinde“ darüber diskutiert, die beiden alten Ortskerne als Sanierungsgebiete auszuweisen und dafür eine Sanierungssatzung zu beschließen.

Nun ist grundsätzlich gegen die Beseitigung von städtebaulichen Missständen und gegen eine Sanierung nichts einzuwenden, so lange Missstände vorhanden sind und auch nachgewiesen werden können. Dazu wird im  § 136 BauGB Folgendes aufgeführt:
„Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Städtebauliche Missstände liegen vor, wenn
1. das Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen auch unter Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung nicht entspricht oder
2. das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen.

Das Baugesetzbuch macht diesen Sachverhalt noch deutlicher, wenn im Absatz 3 Folgendes ergänzend vermerkt wird:
Bei der Beurteilung, ob in einem städtischen oder ländlichen Gebiet städtebauliche Missstände vorliegen, sind insbesondere zu berücksichtigen 1.
a) die Belichtung, Besonnung und Belüftung der Wohnungen und Arbeitsstätten,
b)die bauliche Beschaffenheit von Gebäuden, Wohnungen und Arbeitsstätten,
c)die Zugänglichkeit der Grundstücke,
d)die Auswirkungen einer vorhandenen Mischung von Wohn- und Arbeitsstätten,
e)die Nutzung von bebauten und unbebauten Flächen nach Art, Maß und Zustand,
f)die Einwirkungen, die von Grundstücken, Betrieben, Einrichtungen oder Verkehrsanlagen ausgehen, insbesondere durch Lärm, Verunreinigungen und Erschütterungen,
g)die vorhandene Erschließung,
h)die energetische Beschaffenheit, die Gesamtenergieeffizienz der vorhandenen Bebauung und der Versorgungseinrichtungen des Gebiets unter Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen an den Klimaschutz und die Klimaanpassung;

Wenn Sie sich nun wirklich die Mühe gemacht haben sollten, die gesetzlichen Bestimmungen einmal mit der realen Situation in den beiden Ortskernen zu vergleichen, dann werden Sie sicherlich sehr schnell festgestellt haben, dass es in beiden Ortskernen keine Missstände im Sinne des Gesetzes und damit auch keinen Grund für die Aufstellung einer Sanierungssatzung gibt. Ganz im Gegenteil: Die Ausweisung der beiden alten Ortskerne als Sanierungsgebiete wäre u. E. eine Beleidigung der dort lebenden Menschen. Deshalb hier noch einmal die Frage an die Gemeindeverwaltung: Welche Missstände liegen in den beiden Ortskernen vor und was soll saniert werden?

Bereits vor 1 1/2 Jahren, als dasselbe Thema schon einmal anstand und bereits Gelder an ein Architektenbüro gezahlt wurden, hat das Forum bei der damaligen Gemeindeverwaltung angefragt, welche städtebaulichen Maßnahmen mit der Ausweisung der beiden Ortskerne als Sanierungsgebiete verfolgt bzw. welche städtebaulichen Missstände durch die Sanierungsmaßnahmen in den beiden Ortskernen behoben werden sollen. Auf die Antwort warten wir immer noch. Jetzt sieht es so aus, als ob der junge Ortsbürgermeister in die ausgelatschten Fußstapfen seines bauwütigen Vorgängers tritt und bereitwillig und unkritisch den vorgeschobenen Argumenten eines Planungsbüros folgen möchte.

Deshalb ist es umso lobenswerter, dass der Gemeinderat erst einmal ein Veto eingelegt und beschlossen hat, dass das Planungsbüro Wolf aus Kaiserslautern „das Model“ im Bau- und Verkehrsausschuss noch einmal vorträgt und erläutert, welche Missstände vorliegen und beseitigt werden sollen. Es ist gut zu wissen, dass der Gemeinderat die Absicht hinterfragt und nicht blind den Vorschlägen einer Verwaltung folgt, die sich scheinbar über den Sinn und die Rechtsmäßigkeit einer Sanierungssatzung nicht im Klaren ist.

Hinzu kommt, dass die Menschen in den beiden Ortsteilen bereits durch eine antiquierte Erhaltungssatzung und zusätzlich durch eine völlig überflüssige Vorkaufsrechtssatzung in ihren Eigentumsrechten stark beschnitten werden. Diese Rechte würden durch eine Sanierungssatzung noch weiter eingeschränkt. Und das kann doch wohl nicht im Interesse der dort lebenden Menschen sein. Was soll also der ganze Quatsch?

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