Beinahe wie in der Duma – Ja-Sager und Kopfnicker.

Es ist kaum zu fassen: Da reduziert ein überforderter Ortsbürgermeister in Abstimmung mit seinem Arbeitgeber seine berufliche Tätigkeit um sage und schreibe 25 %, stellt dann in einer Gemeinderatssitzung den dreisten Antrag, dass die Bürgerinnen für seinen Verdienstausfall aufkommen sollen, und ein Gemeinderat bricht darüber in kollektive Euphorie aus und stimmt ohne Gegenstimme dem Antrag zu. Das glauben Sie nicht? Nein? Dann schauen Sie sich einmal die Berichterstattung in der AZ Mainz über diese Lokal-Posse an. Dort können Sie das Alles unter dem scheinheiligen Titel „Mehr Zeit für die Gemeinde“ Schwarz auf Weiß nachlesen.

Geschickt eingefädelt wurde der Coup vom jungen Ortsbürgermeister Barth und bereits mit seiner Einladung zur Gemeinderatssitzung am 04.05.15. Unter Punkt 06. ist dort verharmlosend von „Freistellung des Ortsbürgermeisters“ die Rede, während das eigentliche Anliegen doch die Finanzierung seines selbst initiierten Verdienstausfalls durch die Bürgerinnen und Bürger sein sollte. Allein diese verschleiernde Formulierung ist ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip und kann nur als perfider Versuch betrachtet werden, die Bürgerinnen und Bürger wieder einmal für dumm zu verkaufen und die wahren Absichten zu verbergen.

  • Wir haben in unserem vorangegangenen Beitrag (siehe hier) zu diesem Skandal bereits auf den geringen, vom Gesetzgeber bewusst beschränkten Aufgabenbereich eines Ortsbürgermeisters hingewiesen.
  • Wir haben nachgewiesen, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit locker in seiner Freizeit ausgeübt werden kann, wenn man sich auf die eigentlichen Aufgaben eines Ortsbürgermeisters konzentriert und sich nicht in Nebensächlichkeiten verliert.
  • Wir haben darüber informiert, dass über 90 % der Verwaltungsarbeit einer Gemeinde von den Fachleuten der Verbandsgemeinde abgewickelt wird und nur noch relativ wenig für einen Ortsbürgermeister zu tun bleibt.
  • Wir haben auf die geradezu privilegierten Arbeitszeitbedingungen eines Lehrers und das klägliche Zeitmanagement von Barth hingewiesen.
  • Und, wir haben darauf verwiesen, dass mehrere Verwaltungsgerichte in ähnlich gelagerten Fällen sich eindeutig gegen das Recht auf Freistellung eines Lehrers entschieden und jedwede Freistellung verwehrt haben.

Warum dies alles ein Gemeinderat nicht weiß und sogar noch in Jubel und Euphorie ausbricht und nicht merkt, dass ein scheinbar nicht mehr an der Ausübung seines erlernten Berufes interessierter Lehrer seinen selbst zu verantortenden Verdienstausfall auf die Bürgerinnen und Bürger abzuwälzen versucht, dann ist die schon ein gewaltiger Mangel an Kompetenz und mit gesundem  Menschenverstand kaum noch nachzuvollziehen. Doch es geht noch weiter:

  • Da spricht eine Redakteurin der AZ, die uns schon des Öfteren wegen kaum noch zu ertragender Lobhudelei aufgefallen ist, im Zusammenhang mit der Arbeitsniederlegung von Barth in Ihrem Jubelbericht von „Mehr Zeit für die Gemeinde„, wogegen doch jedem klar ist, dass es richtigerweise „Mehr Urlaub für Barth“ heißen müsste.
  • Da lässt sich die unbedarfte Beigeordnete und Parteifreundin Erika Doll zu der schwachsinnigen Aussage hinreißen, dass die Zeit des Lehrers Barth zu knapp sei, „um mit vollem Job Bürgermeister zu sein“ und dokumentiert mit diesem Unsinn, dass sie es immer noch nicht verstanden hat, dass es sich beim „Job“ des Ortsbürgermeisters nicht um die Ausübung eines Berufs, sondern nur um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, die nicht entlohn werden darf und vorwiegend in der Freizeit ausgeübt wird.
  • Da plappert der jubelnde Gemeinderat einstimmig und im Chor, dass „ein Bürgermeister nicht allein ehrenamtlich agieren“ kann und weiß scheinbar nicht, dass dieses Amt per Gesetz nur ehrenamtlich und nicht hauptberuflich ausgeübt werden darf. Und das auch nicht mit der Zahlung eines Gehalts, sondern nur mit dem Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung, die allerdings mit knapp 2.000,00 € üppig bemessen ist.
  • Und diesem ganzen Schwachsinn und Schwadronieren setzt Barth dann noch die Krone auf, in dem er mit der Finanzierung seines Verdienstausfalls durch die Bürgerinnen und Bürger heuchlerisch die Möglichkeit verbindet, „intensiver zu aller Wohl zu arbeiten„.

Bei so viel Dreistigkeit vergeht sogar den Hühnern das Lachen. Nein, es reicht jetzt! Eine solche Phrasendrescher- und Augenwischerei ist an Heuchelei und Chuzpe kaum noch zu übertreffen. Umgekehrt wird nämlich ein Schuh draus: Barth möchte mit dieser durchschaubaren Nummer nur für sein eigenes Wohl sorgen und die Bürgerinnen und Bürger dafür zur Kasse bitten.

Zurück bleibt in diesem Skandal, wie schon so oft, ein völlig überforderter Gemeinderat, der sich mit solch perfiden Anträgen übertölpeln und immer wieder über den Tisch ziehen lässt. Anstatt sich seiner Verantwortung bewusst zu sein, die Verwaltung und den Ortsbürgermeister sorgfältig zu kontrollieren, wird in diesem Gemeinderat alles durchgewinkt, was nicht bei Drei aus dem Ordner der Beschlussvorlagen verschwindet. Uns erinnert dies Alles an längst vergessenen Zeiten, als die ideologisch geklonten russischen Abgeordneten in der Duma ihre machtbesessene und dann doch bald untergegangene Führungsspitze mit 99,9 % regelmäßig in ihren Ämtern bestätigte.

Wir sind zwar noch nicht so weit, aber ein Gemeinderat, der seine Aufgaben und Pflichten nicht kennt und nur im Nevbel stochert, ein Gemeinderat, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird und nur noch willfährig akklamiert, und ein Gemeinderat, der es fertig bringt, sich mit peinlichen Beschlüssen lächerlich zu machen und sich selbst zu deklassieren, der sollte sich möglichst bald ein anderes Betätigungsfeld suchen und seinen Platz für kompetentere Bürgerinnen und Bürger freimachen.
Der Bürgermeister der VG ist jetzt gefordert, diesem Spuk durch Aussetzung des Beschlusses ein Ende zu bereiten.

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