Interessante Frage: Wer ist und was macht eigentlich der Bauern- und Winzerverein Stadecken-Elsheim?

Wenn ein Gemeinderat einem örtlichen Verein den roten Teppich ausbreitet und ihm in einer Ausschusssitzung zur Vorstellung des neu gewählten Vorstands die große Bühne bietet, dann muss man sich schon fragen dürfen, wer ist und was macht eigentlich der Bauern- und Winzerverein, dem vom Gemeinderat eine solch große Bedeutung zugemessen und Ehrerbietung gewährt wird. Wir haben uns deshalb einmal das Vereinsregister des Amtsgerichts Mainz angeschaut und dort und zu unserer Überraschung überhaupt keinen Eintrag über den Bauern- und Winzerverein Stadecken-Elsheim vorgefunden.

Nun muss sich ein Verein nicht unbedingt in das Vereinsregister eintragen lassen und den Zusatz e.V. aufweisen. Lässt sich jedoch ein Verein nicht ins Register eingetragen, so bedeutet dies Folgendes:

  1. ein nicht im Register eingetragener Verein besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit
  2. ein solcher Verein ist nicht gemeinnützig tätig und
  3. der Zweck eines solchen Vereins ist nicht öffentlich ersichtlich

Dass ein nicht-eingetragener Verein keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, ist eigentlich nur für die Abwicklung von Rechtsgeschäften und für die Haftung von Belang. Dass der Bauern- und Winzerverein keine gemeinnützigen Interessen verfolgt, davon ist mit Sicherheit auszugehen. Auch dass wir nicht Einblick in die Satzung nehmen können stört uns nicht weiter, zumal der Zweck dieses Vereins sicherlich auf der Hand liegt und keinen überraschen sollte Was uns aber wirklich stört und unangenehm aufstößt, ist die Tatsache, dass einem solch intransparenten und nicht-öffentlichem Gebilde wie dem Winzer- und Bauernverein, der scheinbar ausschließlich die Interessen einer bestimmten Berufsgruppe wahrnimmt, in dieser Ortsgemeinde eine solch große Bedeutung beigemessen wird, die sonst keinem anderen Verein zugute kommt.

Bei vielen Gemeindeangelegenheiten wird dieser Verein vom Ortsbürgermeister und dem Gemeinderat exklusiv informiert, um seine Meinung und Stellungnahme gebeten, so dass man beinahe den Eindruck gewinnen könnte, dass ohne oder gegen diesen Verein nichts mehr geht und die Geschicke der Ortsgemeinde mehr vom Vorstand des Bauern- und Winzervereins als vom Gemeinderat bestimmt werden. Dieses Gefühlt mag vielleicht auch daher rühren, dass mindesten 7 Mitglieder des aktuellen Gemeinderats dem Bauern- und Winzerverein angehören und damit die Berufsgruppe der Landwirte und Weinbauern weit überrepräsentiert ist. Warum dies so ist, darauf möchten wir nicht weiter eingehen. Es stellt sich allerdings die Frage, warum sich im Gemeinderat von Stadecken-Elsheim nicht der gewünschte repräsentative Durchschnitt der Bevölkerung und von Berufsgruppen widerspiegelt, es sei denn, man attestiert Landwirten und Weinbauern eine besondere Neigung und Ambition für gemeinnütziges Engagement und eine Tätigkeit für die Allgemeinheit.

Es ist sicherlich nicht unrealistisch, davon auszugehen, dass der Zweck des Bauern- und Winzervereins einseitig auf die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Landwirtschaft und der Weinbauern ausgerichtet ist. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Wenn jedoch ein Gemeinderat den Bauern- und Winzververein erlaubt, in einer Ausschusssitzung seinen neu gewählten Vereinsvorstand zu präsentieren und gönnerhaft und anmaßend ein Konzept für die Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung vorzulegen, dann halten wir diesen Vorgang nicht nur für bedenklich, sondern auch für eine unangemessene Wertschätzung dieses Vereins. Darüber hinaus sehen wird darin eine Geringschätzung aller Vereine, die in dieser Ortsgemeinde einen gemeinnützigen Zweck verfolgen und in denen sich täglich Dutzende von ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger engagieren.

Die Einseitigkeit der Zusammensetzung unseres Gemeinderates und die überaus starke Präsenz der Landwirte und Weinbauern widerspricht dem Grundgedanken repräsentativ zusammengesetzter Organe und birgt die Gefahr in sich, dass einseitig Interessen verfolgt werden und nicht mehr zum Wohl der Allgemeinheit gehandelt wird. Es muss sichergestellt sein, dass die Interessen aller hart arbeitenden Menschen und die Bedürfnisse aller Gewerbetreibenden und Dienstleistungsunternehmen in dieser Gemeinde aussreichend berücksichtigt werde und es nicht durch eine einseitige und rückwärtsgewandte Gemeindepolitik zu Verwerfungen kommt.

Es gilt, ein über die Jahrzehnte hinweg entstandenes Ungleichgewicht in der Interessenlage wieder auszugleichen. Dieses Ungleichgewicht ist Hemmschuh für die Weiterentwicklung der Gemeinde mit einer modernen Wirtschaftsstruktur und zukunftsträchtigen Betrieben und Dienstleistungsunternehmen. Eine einseitige Ausrichtung und die Durchsetzung von Einzel- und Sonderinteressen stehen einer solchen Entwicklung entgegen.

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2 Gedanken zu „Interessante Frage: Wer ist und was macht eigentlich der Bauern- und Winzerverein Stadecken-Elsheim?“

  1. Einen perfekteren Lobbyismus gibt es eigentlich nicht. Statt wie im Bundestag, versucht keine Einzelperson die Politiker zu beeinflussen. Im örtlichen Gemeinderat ist es gleich ein Verein mit sieben Mitglieder.
    Im Prinzip stellt der Bauern- und Winzerverein eine eigene (imaginäre) Partei dar und kann somit über die offiziellen etablierten Parteien hinweg massiv das Geschehen in Stadecken-Elsheim lenken. Immerhin verfügen sie über 35% der Stimmen (7 von 20) im Gemeinderat.

    1. Sie nennen das Kind beim Namen.
      Lobbyismus ist ja auch nicht gesetzteswidrig, sondern geht in der Regel nur auf Kosten der Allgemeinheit. Wenn eine Gemeindeverwaltung Parkraumkonzepte und Straßenführung in den Ortskernen einseitig an den Großfahrzeugen der Landwirtschaft und der Weinbauern ausrichtet, dann bleiben zwangsläufig die Bedürfnisse der Allgemeinheit auf der Strecke. Und so etwas nennt man Klientel- und Interessenpolitik. Und über eine solche Politik beschweren wir uns.
      Da wurden über Nacht und ohne Rücksprache mit den Anliegern Parkraummarkierungen entfert, nur damit die 40-Tonner der Landwirtschaft und Weinbauern bequemer durch die engen Straßen fahren können. Wir haben nichts gegen unser Bauern und Winzer. Nur dürfen deren Interessen nicht zu Lasten der übrigen Bürgerinnen und Bürger durchgesetzt werden. Dafür gibt es auch noch andere Beispiele.

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