Wer hätte das gedacht: Ortsbürgermeister Barth kostet die Gemeinde 49.491,12 € im Jahr.

geldbeutelSie haben doch sicherlich auch schon mal eine von diesen Geschichten gehört, in denen ein völlig erschöpfter Ortsbürgermeister sich sorgengebeugt durch die Gemeindegassen müht und bei jeder unpassenden Gelegenheit darüber lamentiert, dass er pausenlos und 24 Stunden lang unentwegt für die Bürgerinnen und Bürger tätig sei und sich quasi für die Menschen in der Gemeinde aufopfere. Wenn auch nicht mit dem exakten Wortlaut aber zumindest sinngemäß, versuchen die Damen und Herren Ortsbürgermeisterin/er permanent, diesen Eindruck zu erwecken und auf die Mühsal ihres Amtes hinzuweisen. Eigentlich wäre ja auch nichts dagegen einzuwenden, wenn nicht immer noch nachgeschoben werden würde, dass sie zwar die ganze Last auf sich nähmen, dafür jedoch keinen Cent Geld bekämen und sie ihre ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich ausüben müssten.

Das ist richtig, gleichzeitig aber auch falsch, also paradox. Und das wissen auch die leidgeprüften Damen oder Herren, wollen aber nicht, dass das auch die Bürgerinnen und Bürger wissen.  Deshalb klären wir auf. Zwar wird die ehrenamtliche Tätigkeit eines Ortsbürgermeisters nicht entlohnt, jedoch erhält ein Ortsbürgermeister in rheinland-Pfalz für die Ausübung seines Amtes eine relativ hohe Aufwandsentschädigung nebst diversen Zusatzleistungen, die, wenn man es geschickt anstellt, durch den Ersatz von Verdienstausfall noch erheblich aufgebessert werden können. So stellt sich dann heraus, dass die ehrenamtliche Tätigkeit eines Ortsbürgermeisters zwar nicht entlohnt wird, er jedoch eine ganz stattliche Summe an Geld bekommt.

Die gemeindlichen Aufwendungen im Falle von Ortsbürgermeister Barth sehen dann, abgeleitet aus dem Haushaltsplan 2016, wie folgt aus:

1. Monatliche Aufwandsentschädigung
Barth erhält eine monatliche Aufwandsentschädigung (AE) von 1.803,00 € die abhängig von der Anzahl der Einwohnerzahl und in § 12 der KomAEVO geregelt ist. Für welche konkreten Ausgaben diese Aufwandsentschädigung gezahlt wird, weiß kein Mensch.
Euro
 1.803,00
2. Jährliche Sonderzahlung
Monatliche Aufwendungen für einmalige Sonderzahlung am Jahresende: 50 % von 1.983,00 € = 82,64 €. Wofür diese Sonderzahlung geleistet wird, weiß kein Mensch.
 82,64
3. Monatliche Zahlung für erschwerte Verwaltungsverhältnisse
Für erschwerte Verwaltungsverhältnisse hat der Gemeinderat Barth eine 10-prozentige Erhöhung der AE von 1803,00 € = 180,30 € genehmigt. Warum die Verwaltungsverhältnisse in Stadecken-Elsheim erschwert sind, weiß kein Mensch.
    180,30
4. Monatlicher Ehrensold nach 10 Dienstjahren
Barth erhält nach 10jähriger Amtszeit einen Ehrensold von 33 % seiner monatlichen AE. Der monatliche Aufwand dafür beträgt 541,66 €. Warum man für eine ehrenamtliche Tätigkeit eine Altersrente bekommt, weiß kein Mensch.
    541,66
5. Monatliche Verfügungsmittel 116,66
6. Monatlicher Ersatz des Verdienstausfalls*
Für die 25-prozentige Freistellung von seiner Arbeit als Lehrer und die Zahlung des Verdienstausfalls an Barth aus der Gemeindekasse entstehen Aufwendungen in Höhe von 1.400,00 €
 1.400,00
Total 4.124,26
*Überraschenderweise sind die Aufwendungen für den Ersatz des Verdienstausfalls für Ortsbürgermeister Barth nicht in den Haushaltplan 2016 aufgenommen worden, obwohl der Gemeinderat bereits im Mai 2015 den Beschluss gefasst hat und die Zahlungen seit August 2015 laufen. Wir haben deshalb den Verdienstausfall von Barth auf der Basis der Besoldungsgruppe A 14, Stufe 10, Oberstudienrat, verheiratet, 3 Kinder, berechnet: 25 % von 5.600,00 € = 1.400,00

Jetzt sage noch einer, dass sich ehrenamtliche Arbeit nicht lohnt. Sage und schreibe 33.915,60 € im Jahr fließen dem „überforderten“ Ortsbürgermeister an direkten Zahlungen zu, insgesamt werden im Gemeindehaushalt 49.491,12 € im Jahr für den Ortsbürgermeister aufgewendet.

Falls wir jetzt Ihr Interesse an der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Ortsbürgermeisters geweckt haben sollten, dann melden Sie für nächste Wahl Ihre Kandidatur an und lassen Sie sich zum Ortsbürgermeister wählen. Machen Sie es jedoch anschließend noch einen Tick raffinierter als Barth: Überzeugen Sie nach ungefähr 3-4 Monaten Amtszeit mit einer einfachen Milchmädchenrechnung den Gemeinderat davon, dass die Aufgaben und die Menschen in der Gemeinde Sie zu 100 % beanspruchen. Machen Sie den vertrauensseligen Damen und Herren klar, dass die Aufgaben der Gemeinde Ihr uneingeschränktes Engagement erfordern und Sie keine Zeit mehr für die Ausübung Ihrer beruflichen Tätigkeit haben. Dann sind Sie fast schon am Ziel.

Glauben Sie uns, eine solche Demonstration Ihres gemeinnützigen Engagements kommt bei jedem Gemeinderat gut an und Sie können sicher sein, dass er Ihre Freistellung begrüßt und einstimmig die Übernahme Ihres Verdienstausfalls durch die Gemeindekasse beschließt. Sie können dann beruhigt Ihrem aktuellen Arbeitgeber kündigen und sich voll Ihrer von allen Bürgerinnen und Bürgern geschätzten und bewunderten Tätigkeit als Ortsbürgermeisters widmen.

Sollten Sie sich noch besorgt fragen, ob Ihre Qualität und Kompetenz für die Ausübung des Amtes ausreicht, können wir Sie beruhigen: Schauen Sie sich den jetzigen Mandatsträger an. Sie werden dann feststellen, dass Sie für das Amt des Ortsbürgermeisters weder außergewöhnliche Kompetenzen noch besondere Qualifikationen benötigen. Es reicht, wenn Sie bei gesundem Menschenverstand sind, über einen durchschnittlichen Intelligenzgrad verfügen und die vier Grundrechenarten beherrschen.

Es gibt ja auch kaum etwas zu tun und Sie müssten sich schon arg anstrengen, etwas falsch zu machen. Sie halten 7-8 Mal im Jahr eine Gemeinderatssitzung ab, lassen sich bei den Sprechstunden des Ortsbürgermeister von einem Beigeordneten vertreten oder die Sprechstunden gleich ausfallen, nehmen schwadronierend an öffentlichen und privaten Festlich- und Feierlichkeiten teil, spazieren von Zeit zu Zeit mal wichtigtuerisch durch die Gemeindegassen und, wenn Sie im Amt einmal überhaupt nicht mehr weiter wissen, reichen schwierige Angelegenheiten an die hauptberuflich tätigen Verwaltungsfachleute der Verbandsgemeinde weiter, die ja eh schon für 97 % der örtlichen Gemeindeaufgaben verantwortlich zeichnen.

Na, haben wir Sie überzeugt? Das freut uns. Geben Sie jetzt Ihrem Leben eine Wende und Ihrem Arbeitgeber die Kündigung! Widmen Sie sichdem Gemeinwohl und den Menschen in „unserer liebens- und lebenswerten Gemeinde“!

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2 Gedanken zu „Wer hätte das gedacht: Ortsbürgermeister Barth kostet die Gemeinde 49.491,12 € im Jahr.“

  1. Die Auflistung der Bezüge sind m.E. zum Teil starker Tobak.

    „Monatliche Zahlung für erschwerte Verwaltungsverhältnisse“: Da frage ich mich, wofür gibt es eine Gemeindeangestellte. Diese Bürokraft dürfte den Ortsvorsteher bzgl Bürotätigkeiten stark entlasten.

    „Jährliche Sonderzahlung“: Diese Volksvertreter schieben sich bedenkenlos Steuergelder zu, ohne eine Begründung.

    Dass der Ersatz des Verdienstausfalls nicht im Haushalt aufgeführt wird, klingt nach Vertuschung und nach nicht korrekter Führung des Haushaltes. Nun könnte man unterstellen, dass mit Absicht der Posten „Verdienstausfall“ nicht aufgeführt wird. Dadurch kommt bei der Haushaltsprüfung niemand auf die Idee, dumme Fragen zu stellen.
    Wenn der Posten von der Gemeinde bezahlt, aber nicht im Haushalt aufgeführt wird, müsste man eigentlich vom Betrug am Bürger sprechen.

    1. Ja, so lustig geht es in dieser Gemeindeverwaltung zu. Die Zahlung des Verdienstausfalls an Barth ist haushaltrechtlich noch nicht einmal abgesichert, es wird aber seit August des vergangen Jahres schon lustig gezahlt.

      Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, müssen die Zahlungen an Barth spätestens im 1. Nachtragshaushalt 2016 aufgeführt werden. Das werden wir überprüfen.

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