Große Überraschungen in der Gemeinderatssitzung am 10.10.16.

sektglaeserEine große Überraschung gab es in der Gemeinderatssitzung am 10.10.16, als die Sitzungsunterlagen für Ratsmitglieder öffentlich ausgelegt und zugänglich gemacht wurden. Die wenigen Besucherinnen und Besucher machten von diesem Angebot regen Gebrauch und konnten sich so über Beschlussvorlagen, Zuwendungsanzeigen (Spenden) sowie Voranfragen für private Bauvorhaben informieren. Es gab keine großen Überraschungen, aber um es ganz offen zu sagen, ein solches Streben nach Transparenz und Offenheit hätten wir von dieser Gemeindeverwaltung nicht erwartet. Dieses Verhalten sollte vorbildhaft für alle Ortsgemeinden der VG sein, ach, was sagen wir, für alle Gemeinden in Deutschland!

Ebenfalls überrascht hat auch eine zweiseitige Zuwendungsanzeige für eine Spende des Weinguts Eppelmann in der Kirchgasse. Das Weingut hat nämlich bei einem Gemeindefest Gläser gespült und dafür der Gemeindeverwaltung eine Rechnung über 38,70 Euro“ gestellt. Dadurch wurde erst jetzt bekannt, dass das Weingut Eppelmann neben „PanoramaVinothek, TurmTerasse, BarriqueScheune, AromaGarten und GartenTerrasse“ jetzt auch einen „Spülservice“ bietet.

Aus der Proforma-Rechnung über 38,70 Euro“ ist zu ersehen, dass für ein am 11.09.16 stattgefundenes Event ein „Spülservice“ („Wir spülten die Sektgläser am 11.09.16 und berechnen nun wie folgt.“) für insgesamt 258 Sektgläser geleistet wurde. Ob für den „Spülservice“ ein ordnungsgemäßer Kostenvoranschlag eingereicht wurde und wer die Anzahl der gespülten Sektgläser überprüft hat, wissen wir nicht, aber wie scharf das Weingut Eppelmann vorher kalkuliert hat, zeigt der in der Rechnung aufgeführt Einzel-Sektglas-Spülsatz von „0,15 Euro“, der extra als „nicht rabattierfähig“ ausgewiesen wurde. Drunter wird nicht gespült, sonst rentiert´s sich offensichtlich nicht.

Aber das ist ja noch lange nicht alles. Das Weingut Eppelmann hat den gesamten Betrag und in voller Höhe, uneigennützig und großzügig der Gemeinde geschenkt: 38,70 Euro! Na? Das ist doch was, oder? Allerdings, und hier zeigt sich das kaufmännische Geschick der Gutsverwaltung, nicht ohne Antrag auf Ausstellung einer Spendenquittung. Mit dieser Quittung in Höhe von „38,70 Euro“ möchte das Weingut Eppelmann nämlich steuerliche Vorteile nutzen und so seine Einkommenssteuerbelastung für 2016 reduzieren. Das ist völlig in Ordnung. Wir haben mal grob nachgerechnet: Bei einem individuellem Einkommenssteuersatz von 42 %, das wäre der Höchststeuersatz, der allerdings im Agrarbereich kaum vorzufinden ist, würde das Weingut in 2016 mit seiner Spendenquittung bis zu 16,25 Euro an Einkommenssteuer sparen. Wir vermuten jedoch, dass die Steuerersparnis realistischer Weise eher bei 3,47 Euro liegt.

Wenn Sie jetzt meinen, dass dies doch zu vernachlässigende Beträge seien, quasi Peanuts, für die man noch nicht mal einen halben Liter Bier bekommt und wofür man doch Bitteschön nicht einen solchen Verwaltungsaufwand verursachen sollte, dann sollten Sie vielleicht einmal darüber nachdenken, ob das Weingut Eppelmann mit „PanoramaVinothek“ und „AromaGarten“ nicht auch bei anderen Gemeindefesten einen „Spülservice“ anbietet, dafür auch nur Proforma Rechnungen erstellt und sich stattdessen Spendenquittungen ausstellen lässt. Bei jeweils 258 Gläsern/Event läppert sich da schon eine ganz erkleckliche, steuerlich absetzbare Summe zusammen. Sehen Sie, jetzt verstehen Sie!

Die betriebswirtschaftlich außerordentlich vernünftige Verhalten der Weinguts Eppelmann mit dem „AromaGarten“ ist völlig legitim und sollte den vielen Menschen in der Ortsgemeinde Mut machen und Anlass dafür sein, zukünftig für den Wert ihres gemeindlichen Engagements eine scharf kalkulierte Proforma-Rechnung zu schreiben, auf die Bezahlung zu verzichten und sich stattdessen ein Spendenquittung ausstellen zu lassen. Aber denken Sie auch daran, wie das Weingut Eppelmann mit dem „AromaGarten“, Ihre Preise „nicht rabattierfähig“ zu machen. Das mindert die Steuerersparnis.

Einen Haken hat die Sache mit der großzügigen Spende vom Weingut Eppelmann allerdings doch noch: In dem zweiseitigen Zuwendungsanzeige-Formular ist folgendes Spendenquittungsausstellungskriterium von Ortsbürgermeister Barth mit „nein“ angekreuzt worden: „Die anzeigende Organisationseinheit steht mit dem/der Zuwender/in in einer dienstlichen/wirtschaftlichen Beziehung.“ Das Barth´sche „nein“ ist definitiv falsch. Eppelmann ist Ratsmitglied und steht somit in einer „dienstlichen Beziehung“ zu der „anzeigenden Organisationseinheit.“ Durch das „nein“ von Barth wird diese Beziehung verschleiert.

Es sieht also so aus, als ob auf Barth, Eppelmann sowie den gesamten Gemeinderat noch schwere Zeiten, rechtliche Auseinandersetzungen und steuerliche Überprüfungen zukommen werden. Es sei denn, das Ratsmitglied Timo Eppelmann zieht seinen Antrag auf eine Spendenquittung zurück oder er kann glaubhaft nachweisen, dass er persönlich am 11.09.2016 keinen „Spülservice“ geleistet und kein Glas angerührt hat. Die großzügige Spende des Weinguts Eppelmann hat die gesamte Ortsgemeinde in eine äußerst verzwickte und geradezu ausweglose Rechtslage getrieben.

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Ein Gedanke zu „Große Überraschungen in der Gemeinderatssitzung am 10.10.16.“

  1. Lustig geschrieben, mit ernstem Hintergrund. Leider zu früh, denn die fünfte Jahreszeit beginnt erst am 11.11. Trotzdem Helau!

    PS:
    Es gibt also nicht nur „Erbsenzähler“ – es gibt auch Sektgläser-Zähler.
    Wenn ich die zu spülenden Gläser bei meinem Ehrenamtlichen Dienst in der nächsten Fastnachtssitzung in meinem Gonsenheimer Verein mit 15c pro Glas berechne, bin ich bei über 1000 Gläser (fast) ein „gemachter Mann“. Aber leider haben die Gonsenheimer eine Spülstraße, so dass ich durch Spülen keine Verdienstmöglichkeit sehe.

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