Baugemeinschaften sind an und für sich keine schlechte Idee, wenn sie denn mit Kosteneinsparungen im Vergleich zum individuellen Bauen verbunden sind. Wenn sich jedoch nicht genügend Bauherren für das Modell interessieren, sollte man ein solches Projekt nicht krampfhaft bis zu St. Nimmerleinstag verfolgen. So oder so ähnlich ergeht es dem sogenannten „Selztal-Ensemble“, einem geplanten Bauherren-Projekt des lokalen Architekten Schlimmer, der für seine Luxus-Anlage an der Ecke Kreuznacher-/Talstraße wie Sauerbier seine Idee anpreist und keine ausreichend hohe Anzahl von Interessenten findet. Zwischenzeitlich hat es sogar Überlegungen gegeben, das Grundstück für das betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung zu nutzen.
Die Gemeinde hat die Frist für den Ankauf des gemeindeeigenen Grundstücks in diesem Jahr bereits 2 Mal verlängert, ohne dass sich bisher eine Bauherrengemeinschaft gefunden hat. Die zweite Frist läuft am 17.12.2018 ab, und unabhängig davon, ob sich bis dahin genügend Interessenten finden, sollte der Gemeinderat endlich einen Schlussstrich ziehen und das Grundstück einer vernünftigeren Verwendung zuführen.
Schlimmer (CDU) und sein Parteifreund Barth möchten auf dem Grundstück Luxuswohnungen errichten, während es im ganzen Land an finanzierbarem Wohnraum für sozial Schwächere mangelt und dies mittlerweile zu einem der drängendsten, gesellschaftspolitischen Probleme geworden ist. Ortsbürgermeister Barth, der bei jeder Gelegenheit die Notwendigkeit des sozialen Wohnungsbaus hervorhebt und beschwört, hätte jetzt einmal die Möglichkeit, nicht nur als Schwafler und Schwadroneur dazustehen, sondern einmal ein wichtiges und notwendiges Projekt auf die Reihe zu bekommen. Und wenn es Barth nicht schafft, dann sollte der Gemeinderat das Heft in die Hand nehmen und einen Beschluss über die Verwendung des Grundstücks für den sozialen Wohnungsbau fassen.
Essenheim und Nierstein haben es vorgemacht: Essenheim baut 23, Nierstein 25 neue Sozialwohnungen. Während in Essenheim die Ortsgemeinde selbst als Bauträger agiert, wird das Projekt in Nierstein über einen Investor aus Mainz abgewickelt. Beide Projekte werden über die landeseigene Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) finanziert, die mit günstigen Konditionen und einem attraktiven Tilgungszuschuss den sozialen Wohnungsbau subventioniert.
Und das alles geschieht ohne eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft. Diese wird besonders und immer nachhaltiger von der Verbandsgemeindeverwaltung Nieder-Olm gefordert. Ob das die richtige Lösung ist, muss angesichts der chaotischen Verhältnisse in Oppenheim bezweifelt werden. Dort hat die Haus- und Grundstücksverwaltungsgesellschaft Oppenheim (HGO) bereits Insolvenz angemeldet und ihre Muttergesellschaft, die Oppenheimer Wohnungsbaugenossenschaft (GWG), steht wegen Misswirtschaft der dortigen Lokalpolitiker am Rande ihrer Auflösung.
Die SPD-Fraktion hat in der vergangenen Gemeinderatssitzung den Antrag „zur Prüfung möglicher Unterstellmöglichkeiten an Bushaltestellen“ gestellt, dem einstimmig zugestimmt wurde. Vielleicht sorgt sich die SPD nicht nur um die Wartenden an den Bushaltestellen, sondern lässt auch die sozial Schwächeren bei ihrer Suche nach bezahlbarem Wohnraum nicht im Regen stehen. Ein Antrag „zur Prüfung möglicher Unterbringungsmöglichkeiten sozial schwacher Menschen auf dem gemeindeeigenen Grundstück Kreuznacher-/Talstraße“ genügt. Die Begründung in der Beschlussvorlage kann wahlweise aus dem Grundgesetz, dem Godesberger Programm der SPD oder den diesbezüglichen Artikeln des Forum-Stadecken-Elsheim übernommen werden.