Erst haben wir ja gedacht, dass uns im Sommerloch die Themen ausgehen würden (siehe hier), bis uns heute auf der Webseite der Gemeindeverwaltung unter der Rubrik „Aktuelles aus der Ortsgemeinde“ gleich 3 neue Einträge aufgefallen sind, durch die die sommerpäuslichen Aktivitäten der Gemeindeverwaltung eindeutig dokumentiert werden. Obwohl es nicht gerade für die Aktualität der Mitteilungen spricht, wenn die Gemeindeverwaltung erst jetzt und nach mehr als 5 Monaten ein Antwortschreiben des Innenministers auf die unsägliche Resolution des Gemeinderates zur Sicherheitslage in Stadecken-Elsheim veröffentlicht, werden zumindest die Bürgerinnen und Bürger zeitnah über ein dramatisches Ereignis informiert, dass unter der Überschrift „Mutwillige Beschädigung von ehrenamtlicher Arbeit“ aufgeführt wird.
Unter dieser Überschrift wird dann berichtet, dass vom 7. auf den 8. August Blumenkästen von der Großgassenbrücke in die Selz geworfen wurden und die gesamte Ortsgemeinde darüber „schockiert“ ist. Nun ist das Hinunterwerfen von Blumenkästen von Brücken sicherlich keine Petitesse, auch halten wir die „Mutwillige Beschädigung von ehrenamtlicher Arbeit“ genauso verwerflich wie die mutwillige Beschädigung von bezahlter Arbeit. Aber dass wegen solch einer Nebensächlichkeit gleich eine ganze Ortsgemeinde mit beinahe 5.000 Menschen „schockiert“ ist, sich quasi in einem traumatischen Schockzustand befindet bzw. an einer Stockstarre leidet, halten wir doch wirklich für etwas überzogen.
Wenn im Duden ein Schock als
„1. durch ein außergewöhnlich belastendes Ereignis bei jemandem ausgelöste seelische Erschütterung [aufgrund deren die Person nicht mehr fähig ist, ihre Reaktionen zu kontrollieren]
2. (Medizin) akutes Kreislaufversagen mit ungenügender Sauerstoffversorgung lebenswichtiger Organe“
definiert wird und sich die Bevölkerung bei einem Schock im
„1. (Medizin, Psychologie) Zustand starrer Bewegungslosigkeit“ und sich in
2. durch Bestürzung, Erschütterung hervorgerufene Passivität“
befindet, dann scheint das so, als ob der junge Ortsbürgermeister die Bedeutung dieses Begriffs entweder nicht verstanden hat oder er die reale Einschätzung von Orts- und Weltereignissen nicht mehr so richtig auf die Reihe bekommt.
Wissen Sie, wir sind schockiert, wenn wir über das Flüchtlingselend in vielen Teilen unserer Welt hören, wir sind schokiert, wenn Asylanten bedroht und -unterkünfte niedergebrannt werden, wird sind grundsätzlich schockiert über Gewalt, Not und Elend auf dieser Welt. Wir sind jedoch nicht schockiert, wenn 2 Blumenkästen von einem Brückengeländer heruntergeworfen werden, auch wenn „Die Geranien seit Jahren ehrenamtlich gepflegt [werden] und ein echter Hingucker in der Gemeinde [sind].“ Dieser „Vorfall“ entlockt uns, wenn überhaupt, nur ein müdes, mit leichtem Ärger vermischtes Lächeln.
Wenn es um die Verhinderung von Straftaten und die Aufklärung des Blumenkästendramas geht, kennt der besorgte Ortsbürgermeister keine großen und keine kleinen Ferien mehr und steht den „schockierten“ Bürgerinnen und Bürgern Tag und Nacht zu Seite. „Wenn Sie etwas gesehen haben oder sonst Hinweise auf die Urheber geben können, wenden Sie sich bitte an den Bauhof.“ ruft er den „schockierten“ und sich in einem kritischen Zustand befindlichen Bürgerinnen und Bürger unserer lebens- und liebenswerten Ortsgemeinde zu. Scheinbar fungieren jetzt die Mitarbeiter des Bauhofs als versteckte Ermittlungsbeamte der Gemeindeverwaltung und untersuchen undercover mit ihrer Sonderkommission „Blumenkübel“ den „schockierenden“ Vorfall an der Großgassenbrücke. Seien Sie deshalb nicht verwundert, wenn Sie in Zukunft in den Fahndungsaufrufen der Gemeindeverwaltung folgenden Hinweis zur Aufklärung von Straftaten lesen: „Sachdienliche Hinweise zur Aufklärung der Straftat nimmt nicht nur die örtliche Polizei, sondern auch der Bauhof Stadecken-Elsheim entgegen.“