Tiefenpsychologe T. Barth über Friedhöfe und die menschliche Gefühlswelt.

urnengragEs ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass die Einweihung eines Urnengrabfeldes auf einem Friedhof in einem feierlichen und würdevollen Rahmen stattfindet. Störend sind dabei oftmals nur die „Vertreter der örtlichen Politik“, die mit ihrer Phrasendrescherei und ihrem Dampfgeplauder den gediegenen Rahmen einer solchen Veranstaltung sprengen und deren Schwafeleien oftmals nur eine gedankliche Bandbreite von „Höchst peinlich“ bis „Absolut lächerlich“ aufweisen.

So hat laut einem Bericht der AZ Mainz vom 09.09.15 (siehe hier) unsere junger Ortsbürgermeister bei der Einsegnung des Urnengabfeldes auf dem Elsheimer Friedhof nun überraschend festgestellt, dass der Friedhof „ein Ort des Erinnerns, Gedenkens und des Gesprächs“ ist. Gut, mit dem Erinnern und dem Gedenken stimmen wir noch überein. Aber ein Ort des Gesprächs? Das klingt schon seltsam und wir fragen uns überrascht, wer dort mit wem, wann und wie lange über welches Thema Gespräche führt. Denn für uns ist der Friedhof keine Schwatzbude, sondern immer noch ein Ort der Stille und der Andacht. Und an den Spuk der Kontaktaufnahme mit den Verstorbenen glauben wir momentan auch auch nicht, werden jedoch früher oder später vielleicht einmal diesem Irrglauben abschwören müssen. Wir wissesn es nicht.

Noch dicker kommt es dann, wenn Barth „deutlich“ macht, „dass der Friedhof eine Angelegenheit der Gemeinde ist.“ Donnerwetter! Was für eine Erkenntnis! Jetzt gibt’s kostenlose Nachhilfe vom Oberlehrer, denn endlich erläutert der Friedhofsexperte in verständlicher Form eine gemeindliche Pflichtaufgabe, die seit gefühlten zweihundert Jahren im Bestattungsgesetz § 2 Absatz 1 der  Gemeinde vorgeschrieben ist. Denn dort heißt es: „Den Gemeinden obliegt es als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung, Friedhöfe anzulegen und Leichenhallen zu errichten, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht.“ Gut zu wissen, dass auch der überforderte Ortsbürgermeister dies weiß und nicht auf die Idee kommt, aus unseren Friedhöfen demnächst „Mehrgenerationen-Parks“ machen zu wollen.

Peinlich wird es in dem Artikel der AZ dann, wenn Tiefenpsychologe Barth sich in den psychisch-emotionalen Bereich des Menschen verirrt und pastoral verkündet, dass ein Friedhof „ganz im Innern des Menschen eine tief sitzende Gefühlswelt anrührt, die über politische Sachlichkeit hinausgeht.“ Wir möchten hier keine Abhandlung über das Problem einer durch einen Friedhof bedingte Anrührung einer ganz im Innern des Menschen tief sitzenden Gefühlswelt abhalten, aber warum soll den die menschliche Gefühlswelt ausgerechnet über die politischer Sachlichkeit“ hinausgehen. Was soll denn dieser unsinnige Vergleich? Und was um Gottes Willen ist denn unter einer „politischen“ Sachlichkeit zu verstehen? Ist das Ausleben und Bewältigen von Gefühlen und Emotionen etwa a priori unsachlich und ist Politik nicht häufig das Gegenteil von Sachlichkeit? Was unterscheidet denn eigentlich die „politische“ Sachlichkeit von der Sachlichkeit im allgemeinen Sprachgebrauch?

Da redet jemand wirres Zeug und sich beinahe um Kopf und Kragen. Wenn man sagen möchte, dass es schwerfällt und nicht immer gelingt, Gefühle und Emotionen rational und sachlich zu bewältigen, dann soll man es doch einfach so ausdrücken und nicht so einen gewaltigen Stuss von sich geben. Und jetzt einmal Hand aufs Herz: Würden Sie als Ortsbürgermeister bei der feierlichen Einsegnung eines Urnenfeldgrabes „zufrieden feststellen“, dass „die deutlich verbesserte Infrastruktur des Friedhofs“ 53 000 Euro gekostet hat ? Würden Sie in dieser würdevollen Atmosphäre den Anwesenden vorrechnen, dass „die Kosten für ein solches Urnengrab bei 788 Euro über 20 Jahre“ liegen? Das ist doch pietätlos und beinahe so, als ob die Verbliebenen in der Einladung zur Beerdigung schon die Kosten für den Leichenschmaus bekanntgeben und am Sarg noch das Preisschild hängen lassen. Aber vielleicht ist gerade das die Art „politische Sachlichkeit“, von der der despektierliche Ortsbürgermeister bei der feierlichen Einsegnung gefaselt hat.

2 Gedanken zu „Tiefenpsychologe T. Barth über Friedhöfe und die menschliche Gefühlswelt.“

  1. Man kann schon sagen, dass Politik eine gewisse Sachlichkeit beinhaltet. Schließlich bekommt so mancher Politiker von den Lobbyisten eine Sache, damit er „richtig“ abstimmt oder die „richtigen“ Gesetze auf den Weg bringt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert