Barth bestätigt: Tätigkeit als Ortsbürgermeister nur in den Abendstunden. Erstattung des Verdienstausfalls rechtswidrig.

In der Ratssitzung am 04.05.2015 hatte der Gemeinderat Stadecken-Elsheim folgenden Beschluss gefasst: „Der Gemeinderat stimmt einstimmig der Freistellung des Bürgermeisters Herrn Thomas Barth mit einem Viertel seiner wöchentlichen Arbeitszeit sowie der Erstattung des dadurch entstehenden Verdienstausfalls zu.“ Diese Regelung sollte bis zum Ende der Dienstzeit des Ortsbürgermeisters im Mai 2019 gelten, also für mehr als 4 Jahre. Zusätzlich zu seiner monatlichen Aufwandsentschädigung von knapp 2.000,00 Euro wurden für den vermeintlichen Dienstausfall über 1.000,00 Euro monatlich aus der Gemeindekasse an Barth gezahlt.

Sowohl im Sitzungsprotokoll als auch in der Beschlussvorlage wurde die Freistellung und die Zahlung des damit verbundenen Verdienstausfalls mit „den aktuellen Gegebenheiten vor Ort“ begründet, durch die „eine ordnungsgemäße Ausübungsmöglichkeit für das Ehrenamt des Ortsbürgermeisters“ nicht möglich gewesen wäre. Die 1. Beigeordnete Doll sprach zu diesem Zeitpunkt davon, dass der Ortsbürgermeister bereits nach einjähriger Amtszeit „überfordert“ gewesen sei.

Gut, dass Barth „überfordert“ war und auch heute noch ist, kann man ja noch nachvollziehen. Aber auch die Überforderung des Ehrenbeamten Barth und die sogenannten „aktuellen Gegebenheiten vor Ort“ bilden noch lange keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Freistellung oder die Zahlung eines Verdienstausfalls. Selbst wenn dies der Fall wäre, kann anhand der Protokolle aller Gemeinderatssitzungen nachgewiesen werden, dass sich sowohl Anzahl und Qualität der gemeindlichen Projekte als auch das Aufgaben- und Arbeitsvolumen des Ortsbürgermeisters im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren nicht erhöht hatten und auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung eine zukünftige Mehrbelastung nicht absehbar war.

Auch aus einem Vergleich zu ähnlich strukturierten Ortsgemeinden ist nicht erkennbar, dass in Stadecken-Elsheim außergewöhnliche oder erschwerte Verwaltungsverhältnisse vorlagen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass unabhängig von den Verwaltungsverhältnissen die Aufgabe eines ehrenamtlich tätigen Ortsbürgermeisters grundsätzlich in seiner Freizeit wahrgenommen werden kann. Das hat auch Barth gewusst, als er sich um das Amt des Ortsbürgermeisters beworben hat – zumal bereits aus diesem Grund und unberechtigterweise seit Beginn seiner Amtszeit ein Aufschlag zu seiner Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 Prozent gezahlt wurde. Man nimmt eben, was man bekommen kann. Wenn dann noch aufgrund nichtvorhandener und unbewiesener „aktuellen Gegebenheiten vor Ort“ ein Beschluss gefasst wurde, der sage und schreibe eine Freistellung von 25 Prozent und den Ersatz eines Verdienstausgleichs für einen Zeitraum von über 4 Jahren beinhaltet, dann sieht das eher so aus, als ob mit fadenscheinigen Gründen einem Ortsbürgermeister für die Ausübung seines Ehrenamts ein unbegründeter und rechtswidriger Geldbetrag zugeschustert werden sollte.

Die Gemeindeverwaltung ist mehrfachen Bitten zur Darlegung des von ihr angeführten Sachverhalts bis heute nicht nachgekommen. Voraussetzung für eine Freistellung und die Zahlung des Ersatzes für einen Verdienstausfall ist der glaubhafte Nachweis, dass auch wirklich ein Verdienstausfall eingetreten ist, der konkret und im Einzelfall erbracht werden muss und nicht für einen noch nicht eingetretenen Verdienstausfall in der Zukunft gewährt werden darf. Dies belegt auch eine Stellungnahme des Ministeriums des Inneren, für Sport und Infrastruktur vom 27.10.2014. Eine Freistellung und der Ersatz des Verdienstausgleichs ist danach nur dann zu gewähren, „wenn eine zeitlich festgelegte Arbeits- und Dienstleistungspflicht mit einer zeitlich festgelegten ehrenamtlichen Tätigkeit zur selben Zeit zusammentrifft. Ein Freistellungsanspruch setzt damit zwingend voraus, dass die ehrenamtliche Tätigkeit nicht außerhalb der Zeit erbracht werden kann, in der gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn die Pflicht zur Einbringung der geschuldeten Arbeitsleistung besteht.“

Diesen Nachweis hat Barth zu keinem Zeitpunkt erbracht. Ein solcher Nachweis hat dem Gemeinderat bei seinem Beschluss weder vorgelegen noch wurde ein solcher Nachweis überprüft. Es gibt keinen glaubhaft belegten Anhaltspunkt dafür, dass Ortsbürgermeister Barth durch die Ausübung seines Ehrenamtes ein Verdienstausfall entstanden ist und er nicht in der Lage war, Aufgaben als Ortsbürgermeister unvermeidbar und zwingend während seiner Dienstzeit als Lehrer und nicht zu einem anderen Zeitpunkt wahrzunehmen. Selbst wenn im Einzelfall diese Voraussetzungen vorgelegen hätten, rechtfertigt dies nicht die exorbitante Höhe des beschlossenen Ersatzes des Verdienstausfalls und schon gar nicht die Festlegung für einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren.

Aus den Vorschriften des $ 47 der GemO ist eigentlich auch keine denkbare Aufgabe oder Tätigkeiten zu erkennen, die ein ehrenamtlich tätiger Ortsbürgermeister unausweichlich und regelmäßig wiederkehrend während seiner Pflichtzeiten als Lehrers ausüben müsste und die nicht außerhalb seiner Arbeitszeit erbracht werden könnten. Dies wurde auch in Urteilen mehrerer Verwaltungsgerichte angeführt, die Lehrern, im Vergleich zu anderen Berufen, bei der Gestaltung Ihrer Arbeitszeit eine hohe Flexibilität bescheinigen, um zeitliche Konflikte zwischen beruflicher Tätigkeit und der Ausübung von Ehrenämtern zu vermeiden.

In einem Interview in der AZ Mainz am 25.01.18 hat Ortsbürgermeister Barth jetzt selbst eingeräumt, dass er seine Aufgaben als ehrenamtlich tätiger Ortsbürgermeister nicht während seiner festgelegten Arbeitsstunden in der Schule, sondern in den Abendstunden und in seiner Freizeit ausgeübt hat: „Hatte ich früher, im Lehrbetrieb am Elisabeth-Langgässer-Gymnasium Alzey, überwiegend feste Arbeitszeiten, und die Abende mit Arbeit in der Kommunalpolitik gefüllt, ist nun die Taktung eine andere.“

Barth bestätigt mit dieser Aussage, dass es nicht zum Konflikt zwischen seiner Arbeitszeit als Lehrer und seiner Tätigkeit als Ortsbürgermeister gekommen ist. Daraus ist abzuleiten, dass es nie zu einem Verdienstausfall kommen konnte. Selbst wenn dies ausnahmsweise einmal der Fall gewesen wäre, rechtfertigt dies nicht eine monatliche Zahlung von über 1.000,00 Euro und die Zahlung für einen Zeitraum von über 4 Jahren. Die Voraussetzungen für eine Freistellung und den Ersatz eines Verdienstausgleichs lagen nicht vor. Der Beschluss des Gemeinderats vom 04.05.2015 ist daher rechtswidrig und auszusetzen. Ortsbürgermeister Barth ist aufzufordern, den ihm zu Unrecht gezahlten Verdienstausfall zurückzuzahlen.

Aufgrund der von Barth eingeräumten Fakten, wurde die Kommunalaufsicht der Kreisverwaltung Mainz-Bingen gebeten, den Beschluss des Gemeinderats vom 04.05.2015 zu prüfen, bei Rechtswidrigkeit auszusetzen und die an Ortsbürgermeister Barth gezahlten Geldbeträge zurückzufordern. Bereits in der vergangenen Woche wurde der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz um Prüfung der ungerechtfertigten Zahlungen gebeten.

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