Rat beschließt Vorausleistungen für wiederkehrende Beiträge: Abgabelast in noch nie gekannter Höhe wird fällig.

Offensichtlich kennt der Gemeinderat von Stadecken noch nicht einmal die von ihm selbst verabschiedeten Satzungen. In der Ratssitzung am 22.07.2020 fragte der Rat Ortsbürgermeister Barth, „ob zukünftig die wiederkehrenden Beiträge in 4 Raten – wie bei der Grundsteuer – abgerechnet werden können.“  Ein Blick in die Ausbaubeitragssatzung hätte genügt. Darin wird in § 11 Absatz 1 diese Frage eindeutig beantwortet: „Beiträge über 100 € können auf bis zu 4 Fälligkeitstermine verteilt werden.“ Und was macht der ebefalls ahnungslose Gemeinderatsvorsitzende Barth? Anstatt auf die Satzung zu verweisen und schlüssig zu antworten, gibt er mit den Worten, „Dies wird iiber die VG geklärt“, die vom Rat bereits selbst beantwortete Frage erst einmal an die Fachleute der Verbandsgemeindeverwaltung weiter, die dann sicherlich darauf verweisen werden, dass dies doch alles in der Satzung steht und man sie doch kennen müsste.

Angesichts solcher Peinlichkeiten muss man sich wieder einmal fragen, ob die Menschen in Stadecken-Elsheim noch von den richtigen Damen und Herren im Gemeinderat vertreten werden. Ungeachtet dessen wurde in dieser Sitzung dann beschlossen, dass für die Sanierung der Schul- und Mainzer Straße nicht nur wiederkehrende Beiträge, sondern sogar Vorausleistungen erhoben werden. Offenbar können die Damen und Herren Gemeinderatsmitglieder nicht schnell genug an das Geld der Bürgerinnen & Bürger herankommen.

Der Gemeinderat hat für die Vorausleistungen in 2020 einen geschätzten Betrag von 0,32466 €/m² beschlossen. Maßstab für die Beitragsberechnung ist laut Satzung „die Grundstücksfläche mit Zuschlägen für Vollgeschosse. Der Zuschlag je Vollgeschoss beträgt 25 v. H.“  Und damit bei der Endabrechnung auch alles mit rechten Dingen zugeht, beteuert der SPD-Fraktionsvorsitzende: „Im Nachhinein wird ‚Spitz auf Knopf‘ abgerechnet.“ Na da sind wir ja beruhigt.

Bei zwei gleich großen Grundstücken mit anrechenbaren 500 m² müsste bei unterschiedlicher Vollgeschossanzahl von 2 und 4 Geschossen der eine Eigentümer also 500 m² plus 50 % (2 Vollgeschosse) = 750 m² x 0,32466 €  = 243,50 € und der andere 500 m² plus 100 % (4 Vollgeschosse) = 1000 m² x 0,32466 € = 324,66 € zahlen. Wieviel m² der Grundstücke angerechnet werden, was alles zu den Vollgeschossen zählt und wieviel Vollgeschosse berechnet werden, muss alles in der Endabrechnung ausgewiesen sein.

Das ist aber noch lange nicht alles. Auch für 2021 sind schon jetzt enorme Belastungen abzusehen. Wenn die Ortsgemeinde für die Sanierungsarbeiten in der Schul- und Mainzer Straße insgesamt 552.639,11 € aufzubringen hat, dann werden die Bürgerinnen & Bürger in 2021 nochmals mit 552.639,11 ./. 250.000,00 (2020) ./. 25 % Gemeindeanteil = 226.979,33 belastet. Das ist einmalig in der Geschichte der Ortsgemeinde und zeigt, dass Ortsbürgermeister und Gemeinderat von der Möglichkeit, mit dem System wiederkehrender Beiträge die Bürgerinnen & Bürger zu schröpfen, hemmungslos Gebrauch machen. Mit solchen Summen, die rigoros auf die Menschen überwälzt werden, wurde in dieser Gemeinde noch nie hantiert.

In den Vorauszahlungen für 2020 sind auch die Kosten für die LED-Umrüstung in Höhe von 245.000,00 € enthalten. Diese Kosten und Investitionsaufwendungen sind noch nicht einmal in der verabschiedeten Haushaltssatzung 2020 aufgeführt und von den übergeordneten Behörden ordnungsgemäß genehmigt. Auch wenn für diese Arbeiten bereits kassenwirksame Zahlungen geleistet wurden, haben diese Ausgaben in den Vorausleistungen nichts zu suchen und sind rechtswidrig.

Es ist auffallend, dass Ortsbürgermeister Barth in seinen Erläuterungen immer wieder die Entscheidungen von Verwaltungsgericht anführt. Offensichtlich ist es seine Absicht, den Eindruck zu erwecken, als ob es die Gerichte wären, die die Einführung der wiederkehrenden Beiträge zur Finanzierung des Straßenausbaus angeordnet hätten. Dem ist aber nicht so. Nicht die Verwaltungsgerichte, sondern Ortsbürgermeister Barth und der Gemeinderat haben dafür gesorgt, dass die Bürgerinnen & Bürger doppelt zu Kasse gebeten und übermäßig belastet werden.

Indirekt hat Ortsbürgermeister Barth eingeräumt, dass ohne das System der wiederkehrenden Beiträge der Gemeindeanteil an der Sanierung überhaupt nicht hätte finanziert werden können („Wir haben das vor allem hinsichtlich der Sanierung der Ortsdurchfahrt Elsheim getan“). Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Für die Erweiterung der Kita „Haus des Kindes“ werden in 2020 1 Mio. und in 2021 1/2 Mio. an Ausgaben (./. erwartete Zuschüsse in 2021 von 540.000 €) eingeplant – vollständig finanziert aus der Gemeindekasse. Im gegensatz zu der Behauptung des Ortsbürgermeisters hätte der Gemeindeanteil für die Sanierung der Ortsdurchfahrt Elsheim auch ohne wiederkehrende Beiträge finanziert werden können – ebenfalls und vollständig aus der Gemeindekasse. Wo ist da der Unterschied zum Kindergarten?

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