Obwohl die Wahl erst am 13.09.14 in Bingen stattfindet, hat unser junger Ortsbürgermeister in vorauseilender Euphorie die aus Stadecken-Elsheim stammende Isabelle Willersinn bereits jetzt schon zur Rheinhessischen Weinkönigin gekürt und die Bürgerinnen und Bürger zu einem „weinmajestätischen“ Empfang in die Burgscheune geladen. So jedenfalls steht es auf der Webseite der Gemeinde: „Empfang mit der neuen rheinhessischen Weinmajestät aus Stadecken-Elsheim.“
Während die Menschen in unserer Region mit Spannung der Königinnenwahl entgegenfiebern, haben wir erst geglaubt, der junge Ortsbürgermeister weiß entweder mehr, oder er hat die Realität aus den Augen verloren und nicht bemerkt, dass erst noch gewählt werden muss. Im weiteren Verlauf des Artikels wird jedoch dann deutlich, dass auch dem jungen Ortsbürgermeister, trotz all seiner Vorfreude und Euphorie bewusst ist, dass die Wahlen noch ansstehen. Dass er jedoch über die Kandidatur der jungen Bürgerin aus der Gemeinde schon so in Verzückung gerät und geradezu in einen wahren Freudentaumel fällt, ist der Sache und der Angelegenheit eigentlich nicht angemessen und zeugt von stark überschäumender Emotionalität.
Es ist schön, dass Isabelle Willersinn an der diesjährigen Wahl zur Rheinhessischen Weinkönigin teilnimmt und „sich um dieses großartige Amt bewirbt„. Aber streng genommen ist die Wahl einer Rheinhessischen Weinkönigin und ihre einjährige Regentschaft eine reine Werbe- und Verkaufsförderungsveranstaltung der Rheinhessen-Touristik GmbH, dem Rheinhessen Marketing e.V. und dem Rheinhessenwein e.V., mit der die regionale Weinwirtschaft schlicht und einfach bei Verkauf ihrer Produkte und des Steigerung des Umsatzes unterstützt wird. Klassisches Marketing also und nicht eine besonders hochstehende kulturelle Veranstaltung.
Natürlich „erlebt man als Gemeinde“ „ein solchen Ereignis“ „nicht alle Tage„, möchte man dem jungen Ortsbürgermeister beipflichten. Aber wenn er schon durch die schlichte Teilnahme der jungen Dame an einer solchen Marketingveranstaltung so aus dem Häuschen gerät und die gesamte Ortsgemeinde zu einem „‚weinmajestätischen‘ Empfang‘“ in die Burgscheune einlädt, dann ist das doch leicht übertrieben. Während auf der Webseite des Weiguts Willersinn in auffallend angenehmer Bescheidenheit kein Wort über die Kandidatur verloren wird, lehnt sich unsere junger Ortsbürgermeister weit aus dem Fenster und posaunt eine Belanglosigkeit und Petitesse so in die Welt hinaus, als ob ab sofort eine neue Zeitrechnung beginnen müsste.
Man kann man sich schon jetzt ausmalen, was sich der junge Ortsbürgermeister erst dann einfallen lässt, wenn Isabelle Willersinn, was wir ihr natürlich von ganzem Herzen wünschen, mit der Königinnenkrone in unsere liebens- und lebenswerte Gemeinde zurückkehren wird. Vermutlich werden Straßen und Plätze nach ihr benannt und der begeisterte, junge Ortsbürgermeister wird im 8-Morgen-Geschäftszentrum eine Bronzestatue enthüllen, die unsere „Weinmajestät“ zeigt, wie sie, von 2 Engeln getragen, den vorbeieilenden Bürgerinnen und Bürgern mit einem prall gefüllten Weinglas zuprostet. Da werden sicherlich vom jungen Ortsbürgermeister drei Krönungsfeiertage angeordnet, zu denen den Bürgerinnen und Bürger auf Kosten der Gemeinde Essen und Trinken angeboten und das Rahmenprogramm mit Festumzügen und Auftritten international bekannter Künstlerinnen und Künstler gestaltet wird. Allein schon deshalb drücken wir Isabelle Willersinn die Daumen.
Die Sprache verschlägt es einem jedoch, wenn man dann noch folgenden Schwachsinn lesen muss: „Ihre Kandidatur zeichnet Stadecken-Elsheim einmal mehr als erfolgreiche weinbautreibende Gemeinde aus.“ Gerade haben wir uns über den häufig verbreiteten Un- und Flachsinn von Verwaltungen mokiert (siehe hier), da schlägt es schon wieder ein. Warum, um Gottes Willen, ist die Kandidatur von Isabelle Willersinn eine Auszeichnung für Stadecken-Elsheim als erfolgreiche weinbautreibende Gemeinde? Was hat der Erfolg einer Gemeinde, was auch immer damit gemeint sein soll, mit der Kandidatur zu tun? Und warum „einmal mehr„? Hat Isabelle schon mehrmals kandidiert? Und warum ist Stadecken-Elsheim eine „weinbautreibende“ und nicht eine ganz normale Gemeinde wie Emmendingen? Warum dieser andauernde Hype um eine relativ kleine Berufsgruppe, die mit dem Anbau von Wein ihren Lebensunterhalt verdient, während über die große Mehrheit, die pflichtbewusst und erfolgreich Ihren Berufen und Geschäften nachgeht, keine einziges Wort verloren wird?
Da wird zusammenhangslos eine Flachheit und Ungereimtheit an die andere gereiht und es scheint so, als ob dem jungen Ortsbürgermeister vor lauter Begeisterung die Pferde durchgehen. Deshalb empfehlen wir ihm, trotz des sich anbahnenden, großen historischen Ereignisses, den Ball flach zu halten und wieder in eine stabile Gemütslage zurückzukehren. Und Isabelle Willersinn wünschen wir viel Erfolg.