Es war lange Zeit still um das seit Jahrzehnten vor sich hin wuchernde 5.000 m² große Grundstück im Gewerbegebiet Elsheim I – An der Steig – und man hatte beinahe den Eindruck, dass der Besitzer des Grundstücks endlich eingesehen hatte, dass eine Gemeindeverwaltung nicht erpressbar ist und nicht zur Schaffung der Voraussetzungen für den Anfall von Spekulationsgewinnen gezwungen werden kann. Leider ist dem nicht so. Nachdem das Verwirrspiel um das ominöse Grundstück schon seit Jahren anhält, ist der Gemeinderat von Stadecken-Elsheim jetzt endgültig eingeknickt und hat in seiner Sitzung am 20.07.2015 beschlossen, das Grundstück nicht mehr als Gewerbegebiet, sondern als neues Wohn-Baugebiet auszuweisen und damit dem Spekulanten einen großen Haufen Geld in den Rachen zu schmeißen.
Laut AZ Mainz und unter der geradezu entlarvenden Überschrift „Piratenschiff ankert auf dem Spielplatz“ hat der Grundstückseigner jetzt einen „Investor“ präsentiert, der in diesem Gewerbegebiet keine Gewerberäume, sondern stattdessen „Wohngebäude (sechs Doppelhäuser) mit Garagenzeile und Stellplätzen sowie Gebäude für Gewerbetreibende errichten“ möchte.
Scheinbar hat sich der Gemeinderat ob dieser Offerte freudetrunken in den Armen gelegen und einen Entschluss gefasst, der an Peinlicheit kaum noch zu übertreffen ist. Eine normal reagierende Gemeindeverwaltung hätte nämlich einen solchen Antrag schlicht und einfach abgelehnt und den Grundstückseigner darauf hingewiesen, dass in einem Gewerbegebiet keine Doppelhäuser gebaut werden dürfen und es endlich an der Zeit sei, die versprochenen und vorgesehenen Gewerberäume und Gewerbeanlagen zu erstellen. Aber was macht unsere Gemeindeverwaltung? Sie knickt ein, schmeißt sich dem Grundstückeigner und dessen „Investor“ quasi an den Hals und lässt den Gemeinderat beschließen, für das Grundstück einen sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen, durch den die Wünsche des Grundstückseigners bzw. seines „Investors“ erfüllt und die Voraussetzungen für die Bebauung mit Doppelhäusern geschaffen werden.
Diese peinliche Entscheidung ist aus mehreren Gründen bemerkenswert:
- Die Gemeindeverwaltung hat es in über 20 Jahren nicht geschafft und die Absicht jetzt endgültig begraben, den Grundstückseigner zur rechtmäßig vorgesehenen Bebauung zu bewegen, obwohl ihr dazu zahlreiche Rechtsmittel zur Verfügung gestanden hätten. Nicht unerwähnt soll deshalb auch bleiben, dass sich eine stümperhaft agierende Gemeindeverwaltung beim damaligen Verkauf noch nicht einmal das Recht hat einräumen lassen, das Grundstück zurückzukaufen, falls der „Investor“ nicht in einem angemessenen Zeitraum investiert.
- Die Gemeindeverwaltung hat sich als unfähig erwiesen, eine geordnete und durchdachte Strukturpolitik zu betreiben und die Ansiedlung von Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen zu fördern. Da hilft auch nicht die flach-platte und ablenkende Bemerkung des CDU-Fraktionssprechers Dieter Laukhardt, „unter die seit mehr als 20 Jahren geführte Diskussion um dieses Gebiet endlich einen Schlussstrich zu ziehen.“ Das ist mehr als hilflos.
- Der Gemeinderat ermöglicht und unterstützt mit diesem Beschluss ein in dieser Gemeinde bis dato nie gekanntes Spekulationsgeschäft. Wir hatten ja bereits berichtet, dass dieses, ehemals gemeindeeigene Grundstück seinerzeit auf Wunsch des jetzigen Eigentümers extra als Gewerbebetrieb ausgewiesen und für 250.000 Euro an ihn verkauft wurde (siehe hier). Dieser sogenannte „Investor“ hat jedoch nie investiert und das Grundstück über 20 Jahre und bis heute vor sich hin verrotten lassen oder, um es einmal klarer auszudrücken, damit heftig am Bodenspekulationsrad gedreht. Als baureifes Grundstück sind die 5.000 m² heute 1.4 Mio. Euro wert und werfen einen Spekulationsgewinn von sage und schreibe 1,15 Mio. Euro ab, von denen kein einziger Cent in der Gemeindekasse landet. Angesichts eines solchen Skandals halten wir auch den von Frau Burkhardt vorgebrachten Einwand, dass mit der Bebauung eine „zu hohe Verdichtung“ verbunden sei, geradezu für blauäugig und völlig deplatziert.
- Im Zwiespalt zwischen Bebauung und Brachland ist die Gemeindeverwaltung wieder einmal gegenüber einem Grundstückseigentümer/Investor eingeknickt und beugt sich den Forderungen. Denn angesichts der „Standhaftigkeit“ und des „Stehvermögens“ des aktuellen Gemeinderats ist bei dem vohabenbezogenen Bebauungsplan fest damit zu rechnen, dass kein Wunsch des „Investors“ unerfüllt bleibt und sich der Gemeinderat für das Bauvorhaben begeistern und sich mit ihm schmücken wird. Die Dreistigkeit des Grundstückseigentümers wird dabei geflissentlich übergangen.
Wie zuvorkommend und unterwürfig man in der Gemeindeverwaltung von Stadecken-Elsheim gegenüber Bauinvestoren ist, haben wir ja bereits im Zusammenhang mit der Lachnummer und der Erstellung des „Mehrgenerationenhauses“ in der Schulstraße sehen können. Vor den Grundstückseigentümern der alten Rheinhessenhalle und dem Investor ist beinahe der gesamte Gemeinderat auf die Knie gegangen und war vor Begeisterung über das „Mehrgenerationenprojekt“ kaum noch in der Lage, klar zu denken. Zusätzlich hat Ex-Ortsbürgermeister Müller für dieses, allein auf Profit ausgerichtete Bauvorhaben in beinahe unerträglicher Weise die Werbetrommel gerührt und in kaum versteckter Manier Verkaufsveranstaltungen durchgeführt. Da scheinbar diese Politik konsequent fortgeführt wird, erwarten wir, dass demnächst unser überforderter Ortsbürgermeister den Lesern des Nachrichtenblatts unter dem Titel „Ortsbürgermeister Barth freut sich“ einen überdimensionierten Scheck des neuen Investors über eine Spende von 10.000,00 Euro an KiSEL entgegenhält und dabei „freudig“ in die Kamera lächelt.
Sehr geehrter Herr Flegar,
ich möchte Ihnen keineswegs zu nahe treten, jedoch würde ich meinerseits keinem kommunalen Entscheidungsträger eine Lehre bei Herrn Heidel anraten. Vergleicht man seine berufliche Vita, so stellt man fest, dass ein renomiertes Autohaus in Mainz unter seiner Leitung nicht mehr existiert. Auch wenn Herr Heidel möglicherweise durch die Zahlungsfreudigkeit eines englischen Clubs sehr wohl eine finanzielle Basis für Mainz 05 geschaffen hat, gehört dieser besagte Herr dennoch nicht zu den Aushängeschildern der Finanzverwaltung. Im Übrigen bleibt zu hinterfragen, ob ggf. der FSV auf politischer Ebene nicht auch den ein oder anderen Vorteil zu Lasten der Grundstücksbesitzer des umliegenden Ackerlandes der Coface-Arena geltend machen konnte…
In diesem Sinne noch einen schönen Abend!
Hallo MisterXY,
es hat zwar nichts mitr der Problematik des Gemeinderats zu tun, aber zur Antwort auf Chr. Heidel gibt es einen Artikel von der Rheinzeitung aus dem Jahr 2012: Das Modell Selfmade Manager.
Wenn jemand derart viel wirtschaftlichen Erfolg im sportlichen Bereich hat, kann man natürlich auch die Frage aufwerfen, weshalb dieser Erfolg in seinem BMW-Autohaus Karell ausblieb. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Vielleicht lag es daran, dass sich zur Zeit der Insolvenz die „Autos der Premiumklasse“ schlecht verkaufen ließen.
Wenn öffentliche Planungen durchgeführt werden, scheinen in den letzten Jahren zunehmend wirtschaftlich inkompetente Stümper am Werk zu sein. Zuviel negative Beispiele werden in den Medien (siehe z.B. Sendung „Barth deckt auf“) transparent.
Wenn dem so ist, dass entsprechend dem vorliegenden Beispiel der Bebauungsplan geändert wird und der Eigentümer sich eine „goldene Nase“ (Spekulationsgewinn von mehr als 1 Mio €) verdient hat, so bleibt nur die Feststellung, dass sich mittlerweile die Stümper auch auf den Niederungen Stadecken-Elsheimer Kommunalpolitik befinden.
Jeder Fußballmanager z.B. vereinbart beim Verkauf eines Spielers eine Klausel, dass der abgebende Verein bei Zugewinn des neuen Vereins einen bestimmten Anteil mitverdient. Entscheidungsträger im kommunalen Bereich sollten mal bei Herrn Heidel (Mainz05) in die Lehre gehen.
Ein ehemalig geplantes Gewerbegebiet in Wohngebiet umzuwandeln, ist m.E. eigentlich nichts Verwerfliches. Aber Spekulation und unrechtmäßige Bereicherung durch Wertsteigerung des Grunds darf damit nicht einhergehen.