Erst vor Kurzem haben wir uns über die Qualität der AZ-Reihe „Ortsgespräche mit den Ortsbürgermeistern der Gemeinden“ geäußert (siehe hier), in der sich die ehrenamtlich tätigen Ortsbürgermeister/innen mächtig aufblasen, sich über den grünen Klee loben und vor Begeisterung über ihre Arbeit manchmal sogar den Verstand verlieren. Um es gleich vorwegzunehmen, Ortsbürgermeister Barth hält sich in dem jetzt veröffentlichen „Gespräch“ (siehe hier) überraschend zurück und verzichtet weitestgehend darauf, sich wie üblich durch Wichtigtuerei und Großmannssucht aufzublasen. Und wenn man dann noch einräumt, dass auch ein ehrenamtlich tätiger Ortsbürgermeister sein Licht nicht unter den Scheffel stellen muss, dann könnte man sein Verhalten geradezu als moderat bezeichnen.
Vielleicht könnte dies auch der Grund dafür sein, dass Barth in dem AZ-Bericht eine überraschenden Außerung über die Gründe zur Ausweisung neuer Baugebiete in Stadecken-Elsheim macht: „Die moderate Ausweisung neuer Baugebiete sei unausweichlich, um große Investitionsvorhaben zu finanzieren, erklärte Barth weiter.“ Ob „moderat“ oder extensiv, Barth gibt hier unumwunden zu, dass die Ausweisung von Neubaugebieten und die daraus resultierenden Einnahmen in den Gemeindehaushalt für ihn nur deswegen fließen, um damit Investitionen zu tätigen.
Dieses Verhalten verstößt in eindeutiger Weiges gegen die Grundsätze der kommunalen Haushaltswirtschaft, nach denen alle Gemeindeaufgaben aus den ordentlichen Einnahmen – Steuern, Gebühren und Beiträge – zu finanzieren sind. Die Ausweisung neuer Baugebiete zur Finanzierung von Gemeindeinvestitionen ist ausdrücklich untersagt. Damit soll nämlich verhindert werden, dass ausgabewütige Hobby-Politiker zur Finanzierung ihrer Prestigeobjekte die Hälfte der Gemeindegemarkung zubetonieren.
Die haushaltspolitischen Grundsätze hatte sogar der ansonsten weniger kundige Ex-Ortsbürgermeister Müller verstanden, der immer wieder versucht hat, unter dem Deckmäntelchen des „Eigendarfs der Gemeinde“ eine akzeptable Begründung für die Ausweisungen neuer Baugebiete vorzutäuschen. Dabei hat er sich sogar fingierte Anfragen zukommen lassen, um zu dokumentieren, dass in Stadecken-Elsheimer ein dringender Bedarf an Bauplätzen bestände und die Bürgerinnen & Bürger schon dabei wären, ihm quasi die Rathaustüren einzutreten. Widerlegt werden diese Ammenmärchen dadurch, dass beispielsweise im Baugebiet „In den acht Morgen“ 88 Prozent aller Grundstücke an auswärtige Bauinteressenten/innen verkauft wurden. Auch bei den danach ausgewiesenen Neubaugebieten lag die Rate der einheimische Käufer/innen nie über 50 Prozent.
Die exzessive Ausweisung neuer Baugebiete ist auch bei Ortsbürgermeister Barth zu befürchten, solange ein willfähriger Gemeinderat dieses Spielchen mitmacht und wertvolle Kulturlandschaft zur Betonierung preisgibt. Wenn sich aber jetzt schon ein kleiner Ortsbürgermeister erlaubt, seine beabsichtigten Verstöße gegen wesentliche Haushaltsgrundsätze öffentlich anzukündigen und als „unausweichlich“ bezeichnet, dann zeugt dies von einer Respektlosig- und Dreistigkeit, die nicht hingenommen werden sollte. Wir verweisen deshalb wieder auf den Bericht des Landesrechnungshofs über die skandalösen Vorgänge um den ehrenamtlich tätigen Bürgermeister von Oppenheim, in dem ihm Verschwendung, Rechtsverstöße und Eigenmächtigkeiten vorgeworfen werden. Tendenzen deselben Verhaltens sind schon jetzt bei Ortsbürgermeister Barth zu erkennen.