Aus dem aufregenden Leben einer Landrätin.

Es ist immer wieder verblüffend, mit welch abstrusen Meldungen die Medien versuchen, das ereignisarme „Sommerloch“ zu füllen und die „Saure Gurkenzeit“ zu überbrücken. Diese Art von Nicht-Nachrichten verbreitet auch die AZ Mainz, wenn sie in einem jetzt veröffentlichen Artikel über einen Besuch der Landrätin des Landkreises Mainz-Bingen berichtet. „Landrätin Dorothea Schäfer besucht Bau-Projekte an Nieder-Olmer Schulen“ und hat sich „über die Baustellen am Gymnasium, der Integrierten Gesamtschule und der Förderschule für motorische Entwicklung, der Liesel-Metten-Schule, informiert.“ Das ist schon eine aufsehenerregende Meldung, und man fragt gespannt, wie es in dem Artikel mit der Landrätin weitergeht.

Und das geht so: „Schäfer begutachtete die noch sichtbaren blauen Kacheln der Badeinfassung in der Metten-Schule“, um dann weiterzulesen, dass sich Dorothea Schäfer noch „über die künftige Holzhackschnitzel-Biomasse-Heizanlage, die hinter der Integrierten Gesamtschule entsteht,“ informierte. Das ist schon eine faszinierende Welt, in der sich unsere Landrätin bewegt: Erst die sichtbar blauen Kacheln einer Badeinfassung zu begutachten, um sich dann über eine Holzhackschnitzel-Biomasse-Heizanlage zu informieren. Das ist schon eine Meldung wert. Von solch einem interessanten Arbeitsplatz wie in der Kreisverwaltung kann ein Chirurg im kath. Klinikum St. Vinzenz nur träumen.

Spannung und Begeisterung steigen dann noch an, wenn man lesen muss, dass sich die Landrätin im Gymnasium Nieder-Olm „einen der bereits fertiggestellten Klassenräume mit der neuen Akustikdecke und der LED-Beleuchtung zeigen“ ließ. Diese Investition ist ist für die Kreisverwaltung „eine besondere Ausgabe, die dem Kreis nicht leicht fällt.“ und stellt offensichtlich etwas Außergewöhnliches für die Landrätin dar. Ja, so eine Akustikdecke mit LED-Beleuchtung kostet eben mal und ist etwas ganz Besonderes. Das hätte die Landrätin, die während ihrer Schulzeit das Lesen und Schreiben noch ohne diese „technischen Revolution“ erlernen musste, so nicht gedacht.

Mit dieser, beinahe zähneknirschenden Feststellung über die Kosten, endet dann die beeindruckende „Forschungsreise“ der Landrätin, auf der sie sich über die vielen wundersamen und überraschenden Bauprojekte im Schulbereich „informieren“ ließ. Wann und ob sie unfallfrei wieder nach Ingelheim in ihr Büro zurückgekommen ist, darüber ist in dem Artikel nichts zu lesen. Allerdings erwarten wir, dass uns die AZ Mainz in den nächsten Wochen auch weiterhin über das abenteuerliche und aufregende Leben der Landrätin in Atem hält. Es wäre doch interessant zu erfahren, wie Frau Schäfer den morgendlichen Arbeitsweg von ihrem Haus ins Büro der Kreisverwaltung bewältigt, ihr Mittagessen in der Kantine einnimmt oder wann sie abends in der Kreisverwaltung das Licht ausmacht. Den findigen Redakteuren der AZ Mainz sollten bei der Themenwahl keine Grenzen gesetzt sein.

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