Obwohl bei den Kommunalwahlen viel Bewegung in die Parteienlandschaft gekommen ist, scheinen die Uhren in Stadecken-Elsheim stehen geblieben zu sein und sich die Gemeinde in einem politischen Konservierungszustand zu befinden. Während CDU und SPD bundesweit und auch regional teilweise schwere Verluste hinnehmen mussten und die Grünen/Bündnis 90 einen Wahlerfolg nach dem anderen erzielten, ist der Stimmenanteil der beiden ehemaligen „Volksparteien“ SPD mit 41,1 % und CDU mit 40,0 % in Stadecken-Elsheim so hoch, dass man sich fragen muss, wie sich solch ein politischer Anachronismus überhaupt noch erklären lässt.
Gut, die Grünen/Bündnis 90 sind in Stadecken-Elsheim überhaupt nicht angetreten, und die FWG und FDP haben nur bescheidene Gewinne einfahren können. Dass aber SPD und CDU trotz der Verluste ihre hohen Anteile halten konnten, deutet schon auf eine Verkrustung der politischen Strukturen in der Ortsgemeinde hin. Mit Sicherheit liegt diese Erstarrung nicht am Desinteresse der Bevölkerung, denn Stadecken-Elsheim weist mit 74 % eine der höchsten Wahlbeteilungsraten auf. Es liegt sicher auch nicht daran, dass den typischen Stadecken-Elsheimer ein besonderes Beharrungsvermögen kennzeichnet und Veränderungen besonders skeptisch gegenübersteht. Und wer sollte dann der „typische Stadecken-Elsheim“ sein? Nein, es liegt an fehlenden Alternativen und einen lokalen Verein, dessen dogmatische Ausrichtung und unbeweglich Gesinnung wie Mehltau über der Ortsgemeinde liegt und alles Neue zu ersticken droht.
Da ist zum einen der Gemeinderat, in dem sich seit 15 Jahren die Parteien zu einer großen Koalition zusammengeschlossen haben und jedes Problem vom Tisch kehren, das die Friede-Freude-Eierkuchen-Harmonie stören könnte. Die völlige Erstarrung der politischen Situation ist das Resultat. Offensichtlich hat man die Erhaltungssatzung der Gemeinde falsch interpretiert und nicht gemerkt, dass sich diese ausschließlich auf die Bauvorschriften in den alten Ortskernen, und nicht auf die politischen Verhältnisse in der Ortsgemeinde bezieht.
Man hat es sich bequem eingerichtet und fasst sich gegenseitig nur noch mit Samthandschuhen an. Es gibt keine politische Streitkultur mehr oder Sachdiskussionen, die noch unterschiedliche Konturen der Fraktionen erkennen lassen. Die Unterschiede sind verwischt und es sind keine echten Alternativen mehr erkennbar Und wenn es dann noch einen Ortsbürgermeister gibt, der eine unerwartet aufkeimende Diskussion sofort mit seinem Geschwafel und Gefasel zusülzt, dann ist kein Unterschied mehr zwischen den politischen Wettbewerbern zu merken und alles Politische gerät zu einem undefinierbaren Einheitsbrei. Die Bürgerinnen & Bürger werden in ihrem Wahlrecht eingeschränkt, wenn Ihnen von der Politik keine Alternativen mehr angeboten werden
Dann wäre da noch der lokale Bauern- und Winzerverein, der überall seine Finger im Spiel hat und mit allen Mittel versucht, einen politischen Wandel zu verhindern. Wie eine bleierne Schwere liegt dieser Verein über der Ortsgemeinde und versucht, alles lahmzulegen, was nur ansatzweise nach Fortschritt und Neuerung riecht. Nicht zufällig besteht die neu gewählten CDU-Fraktion wieder zu 50 % aus Mitgliedern dieses Vereins. Nimmt man noch die 2 Mandate der FWG dazu, dann hat sich im Gemeinderat wieder ein beachtliches Beharrungspotential aufgebaut, das den Status Quo erhalten möchte und zukunftsorientierte Veränderungen mit allen Mittel verhindern will.
Spiegelbildlich zum Gemeinderat zeigen sich die beiden großen Parteien in der Ortsgemeinde. Wer sich vorwiegend über Banalitäten wie Kartoffelfeste, Funzelfahrten und Nachtwanderungen definiert und dem politischen Wettbewerb und der Auseinandersetzung völlig aus dem Weg geht, der verliert völlig sein politisches Profil und degradiert sich zum harmlosen Freizeit- und Vergnügungsverein. Wenn Unterschiede verwischt werden und die eigene politische Substanz nicht mehr erkennbar ist, dann nimmt man auch den Bürgerinnen & Bürgern eine echte Wahlmöglichkeit.
Erst wenn der politische Stillstand überwunden ist und sich die verkrusteten Strukturen aufgelöst haben, wird Stadecken-Elsheim nicht noch weiter hinter die anderen Ortsgemeinden zurückfallen wenn es um bezahlbaren Wohnraum, Jugend- und Seniorenpolitik, Umwelt und Bebauung, Verkehrsproblematik und das sinkende Gewerbesteueraufkommen geht. Mit dem Wandel zum Besseren könnte schon am 16.06.2019 begonnen werden.