Ausnahmezustand in Stadecken-Elsheim.

Über Monate hinweg überschlugen sich Meldungen der Gemeindeverwaltung über ein Ereignis, das sich vor einigen Wochen und nur wenige Kilometer entfernt zwischen Stadecken-Elsheim und Mainz-Lerchenberg abgespielt hat. Nun rollt ein ähnlich dramatisches Ereignis mit einer solchen Gewalt auf die Ortsgemeinde zu, dass sich die Verwaltung und die sonstigen Verantwortlichen dazu gezwungen sahen, quasi einen inoffiziellen Ausnahmezustand auszurufen. In wenigen Tagen ist es so weit. Stadecken-Elsheim wird dann mit einer Herausforderung konfrontiert, die mit Sicherheit in die Lokalgeschichte eingehen und alles in den Schatten stellen wird, was sich in den vergangene 50 Jahren in der „Doppelgemeinde“ ereignet hat. Zur besseren Übersicht über die Gefahrenzone haben wir extra ein Schaubild entworfen, auf dem das voraussichtliche Zentrum des Krisengebiets markiert ist.

Ein Ereignis bahnt sich an, das vom Gemeinderat und der Verwaltung auf die Ebene einer mittelschweren Naturkatastrophe gestellt wird. Seit Monaten gibt keine Ratssitzung mehr, in der die dramatische Lage und das Krisenszenario nicht auf der Agenda steht. Alle sind besorgt. In der vergangenen Woche fand bereits die 2. Einwohnerversammlung statt, in der die Menschen in der Ortsgemeinde über das Krisenmanagement informiert wurden und an der über 600 besorgte Bürgerinnen und Bürger teilahmen. Gut vorstellbar, dass draußen vor der Selztalhalle noch viele Menschen standen, die keinen Einlass mehr gefunden haben.

Auf großen Projektionswänden wurde über mit über 30, teilweise dramatischen Bildern, ausführlich über Pläne und Alternativszenarien, Maßnahmen zu Vollsperrungen und Umleitungen, Zeitpläne und Ereignisabläufe, Ver- und Entsorgungsleitungen und sogar über „Massenbewegungen und unbekannte Untergrundverhältnisse“ informiert, um der Bevölkerung noch einmal das ganze Ausmaß und die historische Dimension des bevorstehenden Ereignisses vor Augen zu führen. Sogar Sonderfahrpläne des ÖPNV wurden aufgezeigt und ein Konzept für die reibungslose Abfuhr des Mülls erläutert. Es braut sich also schon etwas Dramatisches zusammen. Kein Wunder also, dass sich angesichts dieser Krisenlage große Unruhe in der Bevölkerung breitmacht.

Allerdings ist man dafür gerüstet und seitens der Verwaltung und des Gemeinderats auf die Krisensituation gut vorbereitet: So stemmt sich der Vorsitzende der einköpfigen FDP-Fraktion, Strutz, energisch gegen aufkommende Ängste und empfiehlt, „nochmals die Bürger/innen an den Flyer ‚Mit kleinen Schritten zu mehr Rücksicht‘ zu erinnern“, eine Art Handbuch für das Verhalten im Katastrophenfall. Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Goldschmitt schlägt vor, „für ältere/gebrechliche Anwohner (…) den Transport von Mülltonnen zu den Sammelstellen anzubieten.“ Keiner wird allein gelassen. In Krisensituationen ist eben Solidarität angesagt. Sogenannte „‚Abschnittsbeauftragte‘ (…), die sich für diese Funktion zur Verfügung gestellt haben“, sollen zum Einsatz kommen, wenn verzweifelte Menschen nicht mehr ein noch aus wissen und Hilfe benötigen. Auch die Grundversorgung der Bevölkerung ist nicht gefährdet, da „Der Zugang zu den Häusern (…) immer möglich“ sei. Beruhigendes lässt sich ebenfalls aus den Worten der VG-Beigeordneten Leiniger-Rill entnehmen, die zwar hervorhebt, dass „Ehrenamtliches Engagement (…) gefragt (sei), wenn es um die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg gehe„, wir jedoch daraus schließen, dass der normale Schulbetrieb weiterlaufen kann und die Gemeinde ihren Bildungsauftrag erfüllt. Die „Aufrechterhaltung der örtlichen Sicherheit, Versorgung und Infrastruktur“ wird uneingeschränkt zugesichert.

Alles liegt in guten Händen. Die Müllentsorgung scheint von ganz entscheidender Bedeutung zu sein. Ortsbürgermeister unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit der Sammelplätze für die Mülltonnen und wirbt vorausblickend für ein „hilfsbereites Miteinander“: „Die Anwohner bringen und holen die Tonnen – da ist sicher Nachbarschaftshilfe angebracht.“ Wie ein Fels in der Brandung stellt er sich der Herausforderung und gibt mit seiner mutigen Haltung der verängstigten Bevölkerung Zuversicht und Halt. Es ist gut zu wissen, mit Barth (CDU) einen Mann an der Verwaltungsspitze zu haben, der schon mehrfach unter Beweis gestellt hat, dass er mit Krisensituationen umgehen kann – denkt man nur daran zurück, wie er damals quasi im Alleingang den bundesweiten Streik des Kita-Personals beendet hat.

Wir sind sicher, dass vorsorglich bereits weitere Notfallpläne in den Schubladen der Verwaltung liegen und dann zum Einsatz kommen, wenn sich die Situation verschärfen sollte. Ob auch Zwangsevakuierungen vorgesehen sind und weite Teile der Bevölkerung für mehrere Wochen in den Schulturnhallen der umliegenden Gemeinden untergebracht werden müssen, wissen wir nicht. Ebenso wäre eine nächtliche Ausgangssperre denkbar, in der eine freiwillige Bürgerwehr für Ruhe und Ordnung sorgen könnte. Auch wenn die Größe der Gefahr bis heute noch nicht exakt abzumessen ist, wir hoffen, dass während der Teilsanierung der Ortsdurchfahrt Elsheim keine Menschenleben zu beklagen sein werden, Stadecken-Elsheim nicht zu lange von der Außenwelt abgeschnitten bleibt und der Ausnahmezustand von der Verwaltung bald aufgehoben wird.
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