Fleißkärtchen und Eintrag ins Klassenbuch vom Oberlehrer.

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Man könnte trefflich darüber streiten, warum eine Gemeinde mit dem Geld aus der Gemeindekasse und sonstigen Steuersubventionen einen Wanderweg für auswärtige Besucher ausweist und dazu für teures Geld auch noch einen Parkplatz anlegt. Wenn es, was naheliegt, der Tourismusförderung dient, dann profitiert vor allem die örtliche Land- und Weinwirtschaft von dieser Gemeindeausgabe. Insofern sollte es auch selbstverständlich sein, wenn die Hiwwel-Route von den Mitgliedern dieser Berufsgruppe „auch während der Wandersaison in Schuss gehalten“ wird. Denn wenn schon die Allgemeinheit für die Hiwwel-Route bezahlt hat, dann kann man doch wenigstens erwarten, dass sie von den Profiteuren auch „in Schuss“ gehalten wird.

Da ist es völlig überzogen, dass Oberlehrer Barth emsig Fleißkärtchen verteilt und einen auf dem Artikelfoto nicht erkennbaren Herrn Rutsch und einen überhaupt nicht sichtbaren Herrn Beck, beide Mitglieder der örtlichen Bauern- und Winzervereins, überschwänglich „für ihren unermüdlichen Einsatz“ lobt.

Dann bricht es aus Barth heraus: Von einem „Prämienwanderweg“ faselt er, der eingeschlagen sei, „wie eine Bombe.“ Der Vergleich mit Schloss Neuschwanstein hinkt, aber man könnte beinahe den Eindruck gewinnen, als ob die bekanntesten und attraktivsten Wander-Routen Deutschlands dagegen nur ausgetretene und langweilige Trampelpfade seien. Von einem „samstags und sonntags durchgängig nahezu voll“ besetzten und „eigens dafür hergerichteten Parkplatz ‚Am Woog'“ berichtet er. Und davon, dass „Unter der Woche, aber vor allem am Wochenende (…) zahlreiche Wanderfreunde unterwegs“ seien, die dann noch, als „erfahrene Hiwweltourbesucher und sonstige Wanderer“ regelmäßig die Gemeinde für diesen „wunderschönen Weg“ lobten. Wer sich einmal die Schinkenstraße am Ballermann auf Mallorca angetan hat, der weiß, welche Menschenmassen sich wegen der „einmaligen“ Hiwwel-Route täglich, vor allem aber an den Wochenenden durch die Straßen des Ortsteils Stadecken drängen.

Bescheidenheit liegt ihm nicht, diesem permanent überziehenden Großkotz von Ortsbürgermeister. Alles wird aufgebauscht und bis ins Lächerliche aufgeblasen. Bis es dann bei näherer Betrachtung krachend in sich zusammenbricht. Da muss sogar ein Besuch im italienischen Mailand als Begründung für die simple Erkenntnis herhalten, dass man naturbelassene Blühwiesen nicht mähen soll.

Aber auch streng und ärgerlich kann er sein, der Herr Oberlehrer: „Nicht erfreut ist der Ortsbürgermeister hingegen über mutwillige Zerstörungen und Müll, die einige Partyfeiernde an einigen Stellen immer wieder hinterlassen.“ Offensichtlich wird die Hiwwel-Route nicht nur „von erfahrenen Hiwweltourbesuchern und sonstigen Wanderern“ überschwemmt, sondern von einigen Feierwütigen auch schinkenstraßenmäßig als Partymeile missbraucht. Deswegen hebt unser Oberlehrer auch warnend den Zeigefinger und droht gleich mit einem strengen Eintrag ins Klassenbuch. Zwar hat Barth gegen das Feiern nichts einzuwenden, aber er hat etwas gelernt, was allein schon bemerkenswert ist:  Nämlich, „einen fremden Platz so zu hinterlassen, wie ich ihn vorgefunden habe.“ Für alles andere habe er kein Verständnis. Und aus dieser Verständnislosigkeit heraus fährt er dann ein ganz schweres Geschütz auf: „Und wir gehen künftig rigoros dagegen vor.“

Also Vorsicht, wenn Sie auf der Hiwwel-Route einmal einen zerstörten und vermüllten Platz vorfinden sollten, bitte nichts verändern. Verlassen Sie den Platz so, wie Sie ihn vorgefunden haben. Genau so, wie es der wohlerzogenen Ortsbürgermeister gelernt hat.
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